03.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Des Fotografens Liebling: Kahn

WM-Paten (Folge 21): »Ami« Norman Dale Settle trat nur 1979 ans Leder

Von Moritz Winde (Text und Foto)
Rahden (WB). Basketball und Leichtathletik sind die Sportarten, die auf der Beliebtheitsskala der US-Amerikaner ganz oben stehen. Norman Dale Settle hält das aber nicht davon ab, bei der Fußball-Weltmeisterschaft den US-Soccerboys die Daumen zu drücken. Auch wenn der 45-jährige Rahdener weiß, dass die Titelchancen seiner Landsleute gering sind.

Für den Kick mit dem runden Leder konnte sich Norman Dale Settle noch nie richtig begeistern. Obwohl der in Los Angeles geborene Fotograf bereits seit 27 Jahren in Deutschland lebt, hat ihn das Fußball-Fieber nach wie vor nicht infiziert. »Damals, als ich 1979 mit der US-Army hier her kam, spielten wir gegen deutsche Soldaten Fußball. Wir haben verloren. Das war das einziges Mal, dass ich gegen einen Ball getreten habe«, erinnert sich Settle an seine erste und letzte Begegnung mit König Fußball. Vielleicht sei eben diese Niederlage ausschlaggebend gewesen dafür, dass er sich nie mit der in Europa populärsten Sportart hat anfreunden können, mutmaßt der Amerikaner.
Die jüngste 1:4-Pleite der USA am 22. März in Dortmund gegen Ballack und Co. kam für Norman Dale Settle nicht überraschend. »Wir haben nun einmal keine guten Fußballer. Wenn sie bei der WM die Vorrunde überstehen, wäre das ein großer Erfolg«, sagt der Portrait-Fotograf. Auch wenn er weiß, dass die US-Boys unter Coach Bruce Arena in den vergangenen Jahren sehr beständig trainiert und ihre Leistung gesteigert haben, traut der Rahdener dem Team um Kapitän Kasey Keller bei der Weltmeisterschaft ein Weiterkommen nicht zu. Schließlich seien mit Tschechien und Italien zwei Favoriten auf den Titel den Amerikanern in die Gruppe E zugelost worden. Nur Ghana sei bezwingbar.
Norman Dale Settle wird die Partien vor dem Fernseher verfolgen. Der Klinsmann-Truppe mit seinem Lieblingsspieler Oliver Kahn prophezeit er den Einzug ins Endspiel. »Die haben das drauf«, sagt er, schätzt jedoch Brasilien noch stärker ein.
Der Liebe wegen, sagt Settle, sei er nach seiner Zeit bei der Army in Deutschland geblieben. Auch wenn diese Beziehung schon lange nicht mehr funktioniere, könne er sich ein Leben in den USA nicht mehr vorstellen. »Nach Kalifornien zieht mich nichts zurück. Meine Eltern sind schon gestorben, und zu meiner Schwester Susan habe ich keinen guten Kontakt«, begründet er. Außerdem fühle er sich in Rahden wohl. In der Innenstadt hat er sich vor drei Jahren mit der Eröffnung seines eigenen Foto-Geschäftes den Traum von der Selbstständigkeit erfüllt. Seine 22-jährigen Tochter Jelena studiert in Deutschland.
Obwohl er sich fast schon wie ein Deutscher fühle, leugnet Norman Dale Settle seine Herkunft nicht. Sein Akzent würde ihn sowieso verraten. »Den gewöhne ich mir auch nicht ab. Der Akzent und meine langen Haare sind meine Markenzeichen«, grinst der baumlange Amerikaner und rollt demonstrativ die Zunge um das »r«. Auch seinen amerikanischen Pass wolle er behalten. Nicht aus Nationalstolz, sondern weil er von Geburt an zu ihm gehöre.
Vieles hat der 45-Jährige an seiner neuen Heimat schätzen gelernt. Besonders die Ehrlichkeit der Deutschen imponiere ihm. Schon als Jugendlicher seien ihm die Amerikaner zu oberflächlich gewesen. Nur an das deutsche Essen konnte sich Norman Dale Settle bis jetzt nie gewöhnen und schimpft: »Die Brötchen sind einfach furchtbar.« Wenn er in Rahden schon nicht lebt wie ein Amerikaner, so frühstückt er wenigstens wie einer. »Eier, Speck und Toast - das ist es, was ich morgens brauche.«

Artikel vom 03.05.2006