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Auf den Spuren von Asamoah

WM-Paten (Folge 19): Steven Badu hat zwei heiße Eisen im Feuer

Von Stephan Arend
und Sören Voss (Foto)
Steinhagen (WB). Es rauscht im Telefon, manchmal nur ganz leise, und als Wortfetzen kommt die Botschaft seines Vaters aus dem fernen Afrika im schmucken Steinhagener Reihenhaus an. Die Erregung in der Stimme, das laute Dröhnen im Hintergrund - Steven Badu weiß an diesem 5. Oktober 2005 sofort, dass ein Traum in Erfüllung gegangen ist.

Ghana hat sich für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland qualifiziert. Nur zu gerne wäre der 20-Jährige in diesem Moment bei seinem Vater und seinen Verwandten, würde mit ihnen in der Hauptstadt Accra auf der Straße tanzen und feiern. Wenn sich die eigene Nationalmannschaft für eine WM qualifiziert, schwappt die Welle der Begeisterung überall auf dieser Welt über. In Ghana reißt sie eine ganze Nation mit. Den Afrika-Cup hat das Nationalteam schon vier Mal gewonnen. Doch erst im neunten Anlauf ist an diesem 5. Oktober 2005 die erste WM-Teilnahme in der Fußballgeschichte des Landes perfekt.
»Die Euphorie ist unglaublich. Die Leute sind sich ganz sicher, dass Ghana nun auch Weltmeister wird.« Steven Badu muss schmunzeln. Wer wie er in Deutschland geboren ist und zudem eine ganz Menge vom Fußball versteht, der sieht die Chancen eines WM-Neulings realistischer: »Keine Frage, wir haben eine starke Mannschaft. Spieler wie Chelseas Michael Essien verdienen ihr Geld bei Top-Vereinen in Europa. Doch das ist auch ein Problem. Das Team ist weit verstreut, trainiert nur ganz selten gemeinsam, so dass das blinde Verständnis fehlt.«
Den Einzug ins Achtelfinale traut Steven Badu den »Black Stars« jedoch zu, genau wie den deutschen Spielern: »Da habe ich keine Angst, die machen das schon.« Überhaupt ist der Schüler in Bezug auf die Weltmeisterschaft zu beneiden. Sein Vater stammt aus Ghana, seine Mutter ist Deutsche. In Steven Badu schlagen nicht nur zwei Fußball-Herzen, er hält auch zwei heiße Eisen ins WM-Feuer.
Auch zur deutschen Mannschaft hat der angehende Elektrotechnische Assistent einen ganz besonderen Bezug. Kürzlich zählte er auf der Geburtstagsfeier von Nationalspieler Gerald Asamoah zu den Gästen. »Mein Vater und mein Halbbruder haben mit Geralds Bruder in Ghana zusammen Fußball gespielt«, erklärt der Steinhagener die nur auf den ersten Blick ungewöhnliche Einladung.
Steven Badu und Gerald Asamoah: gemeinsame Wurzeln, fußballbegeistert und talentiert. Doch irgendwann trennt sich ihr sportlicher Weg. Der eine schafft es bis in die Nationalmannschaft, zählt zu den großen deutschen Hoffnungsträgern. Der andere geht auch auf Tore- und Punktejagd - allerdings einige Klassen tiefer für den A-Ligisten TSV Amshausen. Steven Badu drückt Gerald Asamoah, genau wie den Spielern aus Ghana, bei der WM die Daumen. Wie es im Moment aussieht, wird er die Spiele zusammen mit einigen anderen »Ghana-Leuten« vor dem Fernseher verfolgen.
Karten in Deutschland zu bekommen, ist in diesen Tagen auch für Steven Badu ein aussichtsloses Unterfangen. Da hat schon eher Badu senior dank seiner hervorragenden Fußball-Kontakte in Ghana die Möglichkeit, die begehrten Tickets zu erwerben. »Er hat allerdings beruflich viel zu tun, und kann wahrscheinlich während der WM nicht in Deutschland sein«, bedauert sein Sohn. Ein letztes Fünkchen Hoffnung bleibt. Vielleicht klingelt es irgendwann im Juni oder Juli in Steinhagen an der Tür. Steven Badu öffnet, und vor ihm steht sein Vater - mit zwei WM-Karten in der Hand.

Artikel vom 26.04.2006