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CDU sieht »Ausverkauf der Rechte«

Stadtwerke-Gewinne: Christdemokraten lehnen Holding-Modell der SPD ab

Von Manfred Matheisen
Bielefeld (WB). Zwischen den großen Ratsfraktionen CDU und SPD ist ein heftiger Streit entbrannt. Vordergründig geht es dabei um die Art und Weise, wie mit den Gewinnen der Stadtwerke umgegangen wird. Im Kern dreht es sich aber um die Frage, wer künftig den entscheidenden Einfluss auf die Politik der Stadt haben soll.

Die Stadt Bielefeld hält einen Anteil von 50,1 Prozent an dem heimischen Energieversorger. Zweiter Gesellschafter sind die Stadtwerke Bremen mit 49,9 Prozent. Aktuell fließen die Gewinne der Stadtwerke, reduziert um die Verluste, die bei den Verkehrsbetrieben entstehen, in die städtische Beteiligungsgesellschaft BBVG, die das Vermögen der Stadt verwaltet. In einem so genannten Ergebnisabführungsvertrag lässt sich regeln, dass die Stadtwerke-Gewinne zusätzlich mit den Verlusten verrechnet werden, die sich beim städtischen Vermögen ergeben. Steuerlicher Vorteil für die Stadt: Rund 2,5 Millionen Euro jährlich.
Das ist zwischen den großen Parteien auch unstrittig. Dennoch sind die monatelangen Verhandlungen über den Abschluss eines solchen Vertrages nicht vom Fleck gekommen. SPD und Stadtwerke-Geschäftsführung favorisieren nämlich ein anderes Modell. Sie wollen eine Holding einrichten, in die die Stadt ihre Stadtwerke-Anteile einbringen müsste. Nach ihrer jüngsten Klausur hat die CDU definitiv erklärt, diesen Weg nicht mitzugehen. Nun will SPD-Fraktionschef Pit Clausen das Holding-Modell im Rat gegen die CDU durchsetzen. Um eine Mehrheit zu finden müsste er aber die »Bürgernähe« und auch die PDS ins Boot holen. Berührungsängste hat er nicht: »Es geht darum, ein Problem zu lösen.« Es könne nicht sein, dass Bielefeld »Geld liegen lässt«, das zum Bespiel für die Schulbau-Sanierung dringend gebraucht werde.
Die Christdemokraten werten den Vorstoß Clausens als Wortbruch. Rainer Lux, Chef der Ratsfraktion: »Wir haben vereinbart, in den großen Fragen der Stadt zusammenzuarbeiten. Dazu zählt auch, wie Clausen immer wieder beteuert hat, die Verwaltungsstruktur. Die will die SPD aber jetzt wegen der Befindlichkeit des Stadtwerke-Geschäftsführers Wolfgang Brinkmann, der gleichzeitig Schatzmeister der Partei ist, auf den Kopf stellen.« Komme es zur Holding, sei dies »der Ausverkauf der Interessen des Rates zum Nulltarif.«
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ralf Nettelstroth nennt Gründe: »Die Aufsicht über die BBVG, und damit über die Verwendung städtischen Vermögens, obliegt dem Beteiligungsausschuss, der entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im Rat besetzt ist. Eine Holding würde von einem Aufsichtsrat kontrolliert. Der wäre zu 50 Prozent mit Arbeitnehmervertretern und zu 50 Prozent mit Ratsmitgliedern besetzt. Damit hätte die SPD das Sagen.« Zudem, so Rainer Lux, sei es ein Unding, wenn der Geschäftsführer der Stadtwerke als gleichzeitiger Chef der Holding sich sozusagen selber kontrollieren würde.
Nicht gelten lässt Lux das »Scheinargument« Clausens, die Stadt verzichte auf Steuervorteile: »Das Geld könnten wir schon längst haben, wenn die SPD bereit wäre, einen Ergebnisabführungsvertrag unter Wahrung der Rechte des Rates abzuschließen.« Die Erklärung des Stadtwerke-Betriebsrates, auch in der BBVG die paritätische Mitbestimmung einführen zu wollen, hält Lux für eine nicht haltbare Drohung: »Die BBVG beherrscht die Stadtwerke nicht. Es handelt sich lediglich um eine Finanzbeteiligung. Der Fraktionschef bezweifelt, dass die SPD eine Mehrheit für ihr Vorhaben finden wird: »Damit würden die Gruppen im Rat jeglichen Einfluss verlieren und das Rathaus auf eine reine Hoheits- und Sozialverwaltung reduziert.«

Artikel vom 20.04.2006