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Freier Tickethandel nicht möglich

Fan bekommt im Einzelfall Recht - OK: »Müssen raus aus dem Gerichtssaal«

Frankfurt/Main (Reuters/dpa). Ein freier Handel mit WM-Tickets ist nach einem Urteil des Frankfurter Amtsgerichts weiterhin nicht möglich.
Ein Fan sitzt vor dem Ticket-Portal, das das WM-Organisationskomitee unter www.fifaworldcup.com eingerichtet hat.Foto: dpa

Zwar gab das Gericht gestern einem Fußball-Fan aus Essen recht, der seine zwei Tickets, die ursprünglichen 110 Euro kosteten, im Internet für 880 Euro ersteigert hatte. Der Richter machte jedoch deutlich, dass das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn es zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs bereits die mittlerweile eingerichtete offizielle Tauschbörse für Eintrittskarten gegeben hätte. Das Urteil sei kein »Freibrief für den Schwarzhandel mit WM-Tickets«, betonte der Richter.
Das über das Urteil verwunderte WM-Organisationskomitee (OK) überlegt sich weitere rechtliche Schritte. Sprecher Jens Grittner stellte aber klar: »50 Tage vor dem Anpfiff müssen wir die WM aus den Gerichtssälen herausverlagern.« Dennoch zeigte sich das OK von der Entscheidung enttäuscht. »Wir wundern uns, dass der Geschäftemacherei eines Einzelnen Rechnung getragen wurde«, sagte Grittner: »Unser Fair-Play-Gedanke ist ein anderer.«
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale hingegen begrüßte das Urteil. Es gebe auch denen Rechtssicherheit, die noch vor der auf Druck der Verbraucherschützer eingerichteten Tauschbörse gehandelt hätten. Im vorliegenden Fall hatte der Deutsche Fußballbund (DFB) die nötige Übertragung der Tickets auf die Namen des Käufers und seiner Lebensgefährtin abgelehnt. Dagegen hatte er geklagt. Beide stehen nicht auf den Listen bekannter Hooligans oder Personen mit Stadionverbot, die der DFB vom Kartenkauf generell ausschließt.
Sein Urteil zu Gunsten des Käufers begründete das Gericht damit, dass der Verkäufer der Tickets zu dem Zeitpunkt nur die Möglichkeit gehabt habe, die über ein Jahr vor den Spielen gekauften Karten verfallen zu lassen. »Diese faktische Rechtlosstellung ist nicht zu rechtfertigen«, sagte der Richter. »Der hohe Preis des Weiterverkaufs hatte für das Verfahren keine Bedeutung.«
In den Geschäftsbedingungen zum Kartenverkauf finde sich kein Hinweis, dass eine Weitergabe von Tickets bei einem höheren Preis untersagt sei. Durch das Verbot, die Tickets zu verschenken, erwecke der DFB zudem den Eindruck, der Preis sei Nebensache. Gäbe es einen Paragrafen, der die Weitergabe zum erhöhten Preis verbiete, wäre das Urteil wohl anders ausgefallen, sagte der Richter. Die in derselben Sache gegen das WM-OK gerichtete Klage des Ticketkäufers wies das Gericht ab, da allein der DFB in Deutschland für den Kartenverkauf zuständig sei. In einem anderen Verfahren hatte das Amtsgericht Frankfurt zuvor die der Sicherheit dienenden Personalisierung der Tickets prinzipiell als rechtmäßig beurteilt.

Artikel vom 21.04.2006