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Brosnan ganz
ohne Glamour

»Mord und Margaritas«


Ein schmieriger Auftragskiller am Rande des Nervenzusammenbruchs: In »Mord und Margaritas« macht Pierce Brosnan mit seinem Glamour-Image von James Bond radikal Schluss - und erntet dafür viel Applaus. US-Filmkritiker sprachen schon vom besten Auftritt seiner Karriere, und beim »Sundance«-Filmfestival war die kleine Schwarze Komödie einer der großen Hits.
Die Geschichte beginnt, wie so oft, als sich zwei Fremde an einer Hotelbar treffen. Der eine ist Julian Noble, der scheinbar selbstsichere Killer ohne Nerven und Gewissen, der in Mexiko wieder irgendjemanden um die Ecke bringen soll. Der andere ist der biedere Danny (Greg Kinnear), der völlig am Ende ist: Er betrauert den Tod seines Sohnes, die Beziehung zu seiner Frau hat einen Riss und auch seine finanzielle Existenz hängt am seidenen Faden eines Deals, den er in Mexiko abschließen muss. Trotz eines schlechten Starts entwickeln die beiden grundverschiedenen Männer eine gewisse Sympathie füreinander, und Julian bietet dem erschrockenen Danny sogar an, bei seinem aktuellen Auftrag zu helfen.
Ein halbes Jahr später geht der Film weiter, aber das Blatt hat sich gewendet: Danny hat sein Leben wieder im Griff, was man von Julian nun gar nicht behaupten kann. Er, der eiskalte Profi mit mehr als 20 Jahren Erfahrung, muss wohl alt und weich geworden sein. Er hat seine Ruhe und sein Selbstbewusstsein verloren, er verpatzt die Aufträge und muss davon ausgehen, nun selbst auf der Abschussliste seiner früheren Auftraggeber zu stehen.
Und so steht er als menschliches Wrack an der Tür von Dannys Haus in Denver und bittet um Unterschlupf. Schließlich sei Danny sein einziger Freund. Und außerdem sei dieser ihm ja noch einen Gefallen schuldig, bemerkt er etwas verstörend.
Den Schauspielern und dem Regisseur Richard Shepard, der auch das Drehbuch schrieb, gelang in »Mord und Margaritas« das Kunststück, mit Klischees zu spielen, statt in sie zu verfallen. Die Geschichte meidet gängige Killerfilm-Formeln und hält überraschende Wendungen bereit; die witzigen und ironischen Dialoge haben einen Hauch von Quentin Tarantino - und getreu dem Titel werden auch sehr, sehr viele Margaritas getrunken.

Artikel vom 20.04.2006