19.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Einfach ein menschliches Schicksal«

»In Sachen Kaminski« zeigt den Kampf eines »etwas schlichten« Elternpaares um ihr Kind

ARD, 20.15 Uhr: Wohin gehört ein Kind? Zu den Eltern um jeden Preis? Oder dorthin, wo ihm die besten Bildungschancen gegeben werden?

Eine Frage, die in einem spektakulären Fall die Rechtsprechung bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigt hat. Der entschied zu Gunsten der Eltern. Dieser Fall, der sich im wirklichen Leben zutrug, und andere ähnliche bildeten die Vorlage für den Fernsehfilm »In Sachen Kaminski«. Nach der Erstausstrahlung durch Arte im Sommer 2005 zeigt nun die ARD die dramatische Geschichte.
Juliane Köhler, überzeugend schon als Eva Braun im Kinoerfolg »Der Untergang«, ist hier die Mutter Petra Kaminski. Sie hatte alle Dokumentationen über den authentischen Fall gesehen, die »echte« Mutter zu treffen sich aber geweigert. »Das hätte mich sehr belastet«, sagt Köhler. Gerade weil sie sich, selbst Mutter zweier Kinder, von dieser Geschichte stark angerührt fühlte. Ihr Bildschirm-Ehemann Kaminski ist Matthias Brandt. Beide spielen ein herzensgutes, aber »etwas schlichtes« Ehepaar, dessen fünfjährige Tochter trotz guter Anlagen das Niveau einer Dreijährigen hat.
Das Jugendamt greift ein. Das Kind wird den Eltern trotz verzweifelter Proteste weggenommen und schließlich sogar Pflegeeltern (Aglaia Szyszkowitz und Heikko Deutschmann) überlassen. Der Kampf beginnt, einer mit ungleichen Mitteln zunächst - bis sich eine tüchtige, persönlich engagierte Anwältin, gespielt von Anneke Kim Sarnau, einschaltet. Regie führt Stephan Wagner.
Das außergewöhnliche Thema verlangte eine besondere Arbeitsweise. Juliane Köhler: »Matthias Brandt hatte schon mehrfach mit Stephan zusammengearbeitet, für mich war es das erste Mal. Und wir haben, ungewöhnlich fürs Fernsehen, eine volle Woche gemeinsame Probenzeit gehabt.« Das Ergebnis: »Wir zeigen, glaube ich, einfach zwei Menschen, bei denen der Bildungsstand gar nicht so entscheidend ist. Es ist einfach ein menschliches Schicksal, an dem wir teilhaben zu können.«
Ist der Film am Ende ein wenig zu hautnah realistisch? Der Südwestrundfunk als produzierender Sender schien das zeitweilig zu meinen. Juliane Köhler ist noch immer verärgert: »Ich habe noch nie erlebt, dass sich so sehr in eine Arbeit eingemischt und versucht wurde, das ganze zum Melodramatisch-Sentimentalen hinzuziehen.«

Artikel vom 19.04.2006