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Die Heimat kommt zu Besuch

WM-Paten (Folge 18): Liana Lourenço schüttelt Portugals Scolari die Hand

Von Dirk Heidemann
und Wolfgang Wotke (Foto)
Gütersloh (WB). Als Onkel Miguel anrief und der Familie mitteilte, dass Luis Felipe Scolari zu einer Stippvisite in den Kreis Gütersloh käme, herrschte helle Aufregung im Hause Lourenço. Keine 24 Stunden später stand Tochter Liana dem portugiesischen Nationaltrainer im Heidewaldstadion gegenüber.

»Ein unheimlich sympathischer Mensch. Er hat mir die Hand gegeben -Êund den Kindern über den Kopf gestreichelt«, schwärmt die bildhübsche 18-Jährige.
Lianas große, braune Augen glänzen, wenn sie vom portugiesischen Fußball spricht. Kein Wunder, denn der ganze Lourenço-Clan ist vom WM-Fieber infiziert. Nicht erst, seitdem klar ist, dass wegen der Nationalmannschaft über den Kreis Gütersloh eine rot-grüne Euphoriewelle hinwegschwappen wird. Lianas Onkel Carlos Correia ist selbst Fußball-Trainer in Portugal, ihr zehnjähriger Bruder Ricardo kickt bei den D-Junioren des FC Gütersloh 2000 und die Fachabiturientin (Sozial- und Gesundheitswesen) ging früher selbst regelmäßig in das Heidewaldstadion. »Als der FCG noch in der 2. Liga war«, wie sie kleinlaut zugibt -Ê vielleicht kommen ja schon bald wieder bessere Zeiten.
Eine ganz tolle Zeit verlebte Onkel Miguel bei der Europameisterschaft 2004 in Portugal. Mit fünf Freunden flog er damals für neun Tage in sein Heimatland und sah die Partien Deutschland - Tschechien, Deutschland - Lettland und Portugal - England vor Ort. Bei der WM in Deutschland bleibt den Lourenços hingegen nur der Platz vor dem Fernseher, Karten haben sie keine ergattern können. »Nicht so schlimm«, meint Liana, »wir schauen uns die Partien genau so gerne bei der APG auf einer Großbildleinwand an.« APG steht für »portugiesische Vereinigung Gütersloh«.
Hier sah die Gütersloherin, die dreimal pro Woche als Aushilfe im Feinkostgeschäft Schenke arbeitet, um ihr Taschengeld aufzubessern, bereits das EM-Finale zwischen Griechenland und Portugal. Was ist nun bei der WM für die Portugiesen drin? »Ich wage lieber keinen Tipp, sonst bin ich nachher vielleicht enttäuscht. Mit der Qualifikation haben wir aber zumindest das Minimalziel erreicht. Hätten wir die nicht geschafft, dann wäre die Enttäuschung natürlich sehr groß gewesen. Schade ist nur, dass wir bereits in der Vorrunde auf Angola treffen. Als ehemalige portugiesische Kolonie fiebern wir natürlich auch mit den Afrikanern«, gesteht die dunkelhaarige Schönheit, die nicht sonderlich viel von der deutschen Nationalmannschaft erwartet: »Spielt die Klinsmann-Truppe so wie gegen Italien, dann kommen die Deutschen nicht weit.«
Doch egal wie weit die Deutschen kommen oder wie am Ende Portugal abschneidet, am meisten freut sich Liana Lourenço schon auf den alljährlichen Sommerurlaub in Portugal. Dann werden beide Großeltern-Teile in Viseu (bei Porto) sowie Coimbra besucht, ehe es nach Leiria (nördlich von Lissabon) geht. Dort besitzen ihr Vater Arlindo - er kam mit seinen Eltern als 14-Jähriger aus Coimbra nach Deutschland und lebte zunächst in Lemgo) - und ihre Mutter Clara -Êsie war 18, als sie nach Deutschland zog - eine Wohnung. Beide lernten sich einst in Osnabrück auf einer Partie kennen. »Bislang sind wir immer mit dem Auto gefahren, in diesem Jahr nehmen wir zum ersten Mal das Flugzeug«, erzählt Liana Lourenço, die in Verl das Licht der Welt erblickte.
Dass der Stern der »Seleccao« in Deutschland zumindest aufgehen wird, davon ist die 18-Jährige überzeugt. Vor allem dank der Stars Figo, Deco und Ronaldo. Von diesem Trio schwärmt Liana Lourenço am meisten - da kann selbst Trainer-Gentleman Luis Felipe Scolari nicht mithalten.

Artikel vom 20.04.2006