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Auf den Spuren des Vaters

WM-Paten (Folge 17): Deutsch-Tunesier Ali Ben Aziza hofft auf Sensation

Von Sebastian Picht
und Oliver Schwabe (Foto)
Bünde (WB). Die großen Fußball-Zeiten seines Vaters Meftah kennt Ali Ben Aziza nur aus Erzählungen: tunesischer Nationalspieler, ein Held in seiner Heimat. Doch der Traum vom Sprung auf die europäische Fußballbühne platzte Anfang der 70er Jahre. Den Vertrag bei Arminia Bielefeld hatte er schon in der Tasche.

Doch zwei Wochen bevor Meftah Ben Aziza seinen »Dienst« bei Arminia antreten wollte, verletzte er sich bei einem Autounfall so schwer, dass an Profifußball nicht mehr zu denken war.
»Mein Vater war klinisch tot und überlebte nur knapp«, erzählt Ali Ben Aziza. Die Fußballkarriere hatte sich zwar zerschlagen, dennoch wurde die Familie in Ostwestfalen heimisch. »Ich bin in Bünde geboren worden und habe seit zwei Jahren einen deutschen Pass«, sagt der 29-Jährige Ben Aziza, der beim Bünder SV in der Landesliga spielt.
Deutschland ist seine Heimat, Tunesien seine Leidenschaft. Ben Azizas Fußballer-Herz schlägt rot-weiß, in den Landesfarben des Heimatlandes. »Natürlich fiebere ich auch mit Deutschland mit.« Sollte es aber während der Weltmeisterschaft zu einem Duell Deutschland gegen Tunesien kommen, ist für ihn klar, für wen er die Daumen drückt: Tunesien!
Die Begeisterung in Tunesien wenige Wochen vor dem WM-Start ist riesengroß. »Das ganze Land fiebert der Weltmeisterschaft entgegen.« Ähnlich wie in Deutschland werden die Straßen während der Spiele der Wüsten-Kicker leer gefegt sein. »Die Tunesier gucken sich die Spiele der Nationalmannschaft nicht alleine zu Hause an, sondern gemeinsam in den Cafés«, erzählt Ben Aziza.
Auch sein Vater Meftah (66) wird die Weltmeisterschaft am Fernseher verfolgen - Êin Tunesien. »Nachdem er hier als Maschinentechniker gearbeitet hatte, genießt er nun seinen Ruhestand in Tunesien.« Ein Land, das für Ali Ben Aziza nie wirklich eine Heimat war. TunesienÊ-Êdas kennt er nur aus dem Urlaub. »In den vergangenen Jahren war ich nicht oft da. Ich konnte mich auch gar nicht lange in Tunesien aufhalten. Als ich noch keinen deutschen Pass hatte, bestand die Gefahr, dass mich das Militär einzieht.«
Urlaub in der Heimat der Eltern war aber auch in der Kindheit nicht immer problemlos. »Es war manchmal wirklich schwer, unerkannt zu bleiben. Mein Vater war zwar in Tunesien nicht so populär wie Franz Beckenbauer in Deutschland, aber dennoch kannten ihn natürlich viele Menschen.« Verständlich bei einem Fußball-Idol. »Heute lebt mein Vater ein ganz normales Leben.«
Die WM-Chancen seines Heimatlandes schätzt Ali Ben Aziza realistisch ein: »Die Qualifikation für das Turnier war bereits ein großer Erfolg. Das Erreichen des Achtelfinales wäre sensationell.« Doch die Gruppengegner haben es in sich: Ukraine, Spanien Ê-Êdas sind harte Brocken. »Gegen Spanien werden wir wahrscheinlich deutlich verlieren, gegen die Ukraine ist ein Unentschieden drin und Saudi-Arabien müssen wir dann einfach weghauen.«
Mitfiebern wird er zu Hause am Fernsehgerät. Besondere Brisanz bekommt das Duell mit Spanien. »Ein Teamkollege beim Bünder SV ist Spanier. Gleich nach der Auslosung haben wir die erste Wette abgeschlossen.«

Artikel vom 19.04.2006