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SPD streitet über Steuern

Finanzminister Peer Steinbrück widerspricht Parteichef Kurt Beck

Berlin (Reuters/dpa). Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat weiteren Steuererhöhungen über die für Anfang 2007 geplante dreiprozentige Anhebung der Mehrwertsteuer hinaus eine Absage erteilt.
»Zur Entwicklung der Steuersätze finden Sie alles Notwendige im Koalitionsvertrag, und davon wird nicht abgewichen - Punkt«, sagte Steinbrück der Wirtschaftszeitung »Impulse«. Damit wandte er sich indirekt auch gegen Äußerungen des designierten SPD-Parteichefs Kurt Beck, der mittelfristig Steuererhöhungen zur Finanzierung der verschiedenen staatlichen Aufgaben für notwendig hält.
Mit Blick auf die geplante Unternehmenssteuerreform hob Steinbrück hervor, dass er Handlungsbedarf für niedrigere Steuersätze in erster Linie bei den Kapitalgesellschaften sieht, nicht so sehr bei Personengesellschaften.
Der Finanzminister machte auch deutlich, dass er keine Spielräume sehe, wegen der zu erwartenden höheren Steuereinnahmen die geplante dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung nochmals zu überdenken.
Auch eine noch stärkere Belastung der Einkommensstarken durch eine höhere »Reichensteuer« erteilte Steinbrück eine Absage. »Offenbar ist die Politik immer verdächtig, alle rechtlichen Spielräume ohne jedes Augenmaß auszuschöpfen«, sagte er.
Daneben wies er Klagen über eine generell zu hohe Steuerquote in Deutschland zurück. Diese Klagen über das angebliche Hochsteuerland Deutschland seien weit übertrieben. Das Land habe vielmehr die zweitniedrigste Steuerquote in der EU.
Offen zeigte sich Steinbrück gegenüber einer Besteuerung privater Kapitalerlöse über eine Abgeltungssteuer. »Das Thema gehört auf die Tagesordnung«, sagte er. Dieser Weg sei eine leichte und unbürokratische Möglichkeit.
Dabei müsse dann aber Arbeitnehmern erklärt werden, die auf ihr erarbeitetes Einkommen im Durchschnitt 28, 29 Prozent oder mehr Einkommensteuer zahlten, warum der Staat die Kapitalgewinne anderer Bürger mit 25 oder 30 Prozent besteuere.
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carl-Ludwig Thiele, hat unterdessen die Bundesregierung aufgefordert, sich zu den Steuererhöhungsabsichten der SPD zu äußern. Es gehe nicht an, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Schweigen hülle, wenn der designierte SPD-Parteichef Kurt Beck vom Koalitionspartner eine Steuererhöhungsdebatte anzettle, sagte Thiele. Die Bürger hätten ein Recht darauf zu erfahren, ob die große Koalition die Steuerschraube tatsächlich noch weiter andrehen wolle. Der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, der Finanzpolitiker Hans Michelbach, warnte eindringlich vor weiteren Steuererhöhungen. Das wahre Problem sei die mit 48 Prozent viel zu hohe Staatsquote.
Die Deutschen lehnen in der neuesten N24-emnid-Umfrage jegliche Steuererhöhungen auf breiter Front ab. So sind 77 Prozent gegen die Forderung des neuen SPD-Chefs Kurt Beck nach höheren Steuern und Abgaben, um die Aufgaben des Staates besser bewältigen zu können. Nur 18 Prozent gönnen dem Staat mehr Geld.
Einen sogenannten Gesundheitssoli zur Finanzierung der steigenden Gesundheitskosten lehnen sogar 85 Prozent ab.

Artikel vom 20.04.2006