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Zusammenarbeit mit der Türkei

Bei der Strafverfolgung von »Ehrenmorden« - Sorgerechtsdebatte

Stilles Gedenken in Berlin-Tempelhof: Hier wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder erschossen.
Berlin (dpa). Nach dem Urteil im Berliner »Ehrenmord«-Prozess hat die Familie der getöteten Hatun Sürücü mit ihrer Forderung nach dem Sorgerecht für den Sohn des Opfers Empörung ausgelöst.
Unterdessen planen Deutschland und die Türkei, bei der Strafverfolgung solcher Bluttaten künftig enger zu kooperieren. Nach Einschätzung der Vorsitzenden des »Ehrenmord«-Untersuchungsausschusses im türkischen Parlament, Fatma Sahin, wäre das Urteil gegen die Brüder der im vorigen Jahr getöteten 23-jährigen Sürücü in der Türkei viel härter ausgefallen als nun in Berlin.
Ein mit der Türkei seit längerem geplantes Abkommen zur Vertiefung der rechtlichen Kooperation soll in diesem Jahr geschlossen werden, bestätigte ein Sprecher von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Er bestätigte einen Bericht des Berliner »Tagesspiegels«, wonach die Türkei der Bundesrepublik speziell bei der Verfolgung von Ehrenmorden Hilfe angeboten hat.
Die Grünen-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Sibyll Klotz, sprach von abartigen Reaktionen der Familie. Dass diese das Sorgerecht beantragen wolle, sei unfassbar: »Sie hat den Mord mit zu verantworten.« Die endgültige Entscheidung fällt ein Familiengericht. Nach Angaben der Bezirksstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD), hatte ein Berliner Familiengericht das Sorgerecht an einen Vormund übertragen. Die Familie könne das Sorgerecht nicht automatisch bekommen, sagte sie. Es müsse berücksichtigt werden, dass das Kind seit einem Jahr gut bei Pflegeeltern untergebracht und hoffentlich auch zur Ruhe gekommen sei. Zudem sei die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen.

Artikel vom 19.04.2006