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Fremdenfeindliche Gewalttat

Potsdam: gebürtiger Äthiopier schwebt in Lebensgefahr

Potsdam (dpa). Ein 37-jähriger Schwarzer mit deutscher Staatsbürgerschaft ist in Potsdam von zwei unbekannten Tätern angegriffen und lebensgefährlich verletzt worden.

Die Tat am frühen Sonntagmorgen habe einen fremdenfeindlichen Hintergrund, teilte die Polizei gestern mit. Der gebürtige Äthiopier liegt mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma in einer Klinik und schwebt in Lebensgefahr. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft setzte 5000 Euro Belohnung für Hinweise auf die Täter aus. Unter ihnen könnte auch eine Frau sein.
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach von einer »neuen Qualität« im Vorgehen der rechtsextremen Szene, die im höchsten Maße beunruhigend sei. »Wir müssen alles daran setzen, dass die Tat gesühnt wird«, sagte er. »Wir wollen eine Stadt, in der sich alle sicher fühlen.« Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) verurteilte den Mordversuch scharf. »Wir dulden in diesem Lande nicht, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder politischen Haltung von Extremisten verfolgt, zusammengeschlagen oder gar ermordet werden.«
Der Überfallene ist Ingenieur für Wasserbau, mit einer Potsdamerin verheiratet und hat zwei Kinder. Er sei in der Nacht mit seiner Frau von einer Feier nach Hause gekommen und anschließend noch einmal zu einem Bekannten aufgebrochen, berichtete Polizeipräsident Bruno Küpper.
Kurz vor dem Angriff habe der Mann seine Frau per Handy angerufen. Dieses blieb in Aufnahmebereitschaft. So wurde ein Teil des Gesprächs mit den Angreifern aufgezeichnet. Sie beschimpften ihr Opfer als »dreckigen Nigger«. Einziger Zeuge ist ein Taxifahrer, der dem Überfallenen zu Hilfe kam. Daraufhin ergriffen die Täter die Flucht. Auch die schnell herbeigerufene Polizei konnte sie nicht fassen.
Seit Sonntag arbeite eine zwölfköpfige Sonderkommission an dem Fall, sagte der Polizeipräsident. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen und schweren Raubes, erläuterte der Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Benedikt Welfens. Dem Opfer fehlen nach Angaben der Kriminalpolizei 200 Euro und ein Schlüsselbund. Welfens wertete die Attacke als »besonders krassen, extremen Einzelfall«.

Artikel vom 18.04.2006