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Aufgeweichte Pokalträume

Pechvogel André Möller: Pokal-Aus, Meniskusriss und Motorpanne

Bielefeld (WB-wjö/jm). Aufgeweichte DFB-Pokalträume: Die Impressionen in der Halbzeitpause waren schon symbolbehaftet und irgendwie Hinweise dafür, dass der Abend kein gutes Ende nehmen würde.

Das rot-weiß-grüne Papier-Tryptichon des Fanclubs auf der Gegentribüne mit der aufgesprayten stolzen Botschaft »VfB Fichte schreibt Geschichte«, vor dem Anpfiff mit bengalischem Feuer inszeniert, war längst zerfetzt. Und auch die melancholische Musikauswahl (»Yesterday« von den Beatles) prophezeite, dass der Sprung auf die große Showbüne wohl bald dem Gestern angehören würde.
»Mir blutet das Herz«. Die persönliche Gemütslage des zum Zuschauen verurteilten Kreativspielers Jens Reitemeier galt vor wie nach dem Abpfiff. Er litt auf der Bank Höllenqualen. Reitemeiers Ideen wurden im Mittelfeld vermisst. André Möller mühte sich vergeblich, Torgefahr heraufzubeschwören. Bezeichnend, dass der erste gefährliche Distanzschuss überhaupt aufs Tor von Andreas Büker erst in der 83. Minute notiert werden konnte; Wiens hatte abgezogen.
Apropos Möller: Der war am Donnerstag gleich dreifach vom Pech verfolgt. Zusätzlich zum Pokal-K.o. beendete er die Partie mit einem Meniskusriss samt Einblutung im Knie und fällt damit für den Rest der Saison aus. Als Möller abends über die Autobahn nach Hause fuhr, blieb sein Wagen mit einer Motorpanne stehen . . .
»Wir waren so nah dran, müssen aber akzeptieren, dass es nur einen Sieger gibt«, zeigte sich VfB Fichtes Fußballobmann Rainer Goldmann als fairer Verlierer. Sein Stellvertreter Dirk Starke fand indes wenig Gefallen an der vorstellung der »Hüpker«. »Die hohen Bälle waren kein Mittel, um zum Erfolg zu kommen. Wir haben gespielt wie Arminia in Frankfurt.«
Total aufgebracht angesichts des konfusen Gekickes war der frühere Fichte-Chef Bernhard Geldmeier. Schon in der Schlussphase ließ er seinem Unmut freien Lauf. Nach dem Abpfiff schäumte sein Frust über: »Das lasse ich mir nicht mehr bieten. Mich habt ihr hier das letzte Mal gesehen.«
Dafür litt die gute ostwestfälische Nachbarschaft zwischen Bielefeld und Delbrück unter dem Duell nicht. Dafür, dass so viel auf dem Spiel stand, gingen die beiden Mannschaften überaus fair und respektvoll, ja fast freundschaftlich miteinander um. »Ich wusste, dass wir das Spiel nur über den Kampf gewinnen können«, strahlte Delbrücks seliger Trainer Roger Schmidt und wähnte sein Team angesichts des absolvierten Vorrundenprogramms als »verdienteren Finalisten. Bielefelds höchste Hürde auf dem Weg ins Halbfinale war ein Verbandsligist. Wir aber haben drei Oberligisten aus dem Weg räumen müssen«.
Einen Fakt vermag jedoch auch der unspektakuläre Pokal-Knockout nicht verwässern: Der VfB Fichte-Jahrgang 2005/06 hat sich mit dieser Anekdote unauslöschbar in die Vereinsannalen eingebrannt und wirklich Geschichte geschrieben. Sven Moning gönnte seiner Mannschaft nach dem Misserfolg eine ausgiebige Osterpause, damit »alle die Köpfe frei kriegen«. Erst vor der Abfahrt des Busses sahen sich die Spieler wieder. »Das war eine gute Maßnahme vom Trainer«, fand Jens Reitemeier anerkennend. Derweil er seine Verletzung »ganz in Ruhe« auskurieren will, hat Torsten Meier »grünes Licht« für einen Einsatz am kommenden Donnerstag im Meisterschafts-Heimspiel gegen den VfL Bochum II signalisiert.
Bis dahin und für den gesamten Abstiegskampf bittet sich Trainer Sven Moning aus: »Wir müssen alle mit einer Sprache sprechen«.

Artikel vom 18.04.2006