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Die Lebenserwartung steigt

Heute geborene Mädchen haben gute Chancen, 100 zu werden

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Wiesbaden (WB). Bessere medizinische Versorgung, gesündere Ernährung, bewusstere Lebensweise: Vor allem diese drei Faktoren sind ausschlaggebend dafür, dass die Lebenserwartung der Deutschen massiv steigt.
Babys von heute haben die Chance auf ein langes Leben.

»Ein Mädchen, dass heute in Deutschland geboren wird, hat gute Chancen, 100 Jahre alt zu werden, ein Junge 95«, sagt Prof. Elmar Brähler, Leiter der Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie an der Uni Leipzig. Er verweist auf Untersuchungen von Lebensversicherern und des Robert-Koch-Instituts, wonach sich Bildungsniveau und Einkommenssituation positiv auf die Lebenserwartung auswirken. Der Grund: Menschen mit mehr Geld könnten mehr für ihre Gesundheit tun, von der Ernährung bis zur ärztlichen Versorgung.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden indessen erklärt nach neuesten Berechnungen, ein 2004 geborener Junge werde im Durchschnitt 84,9 und ein Mädchen 90,4 Jahre alt. Voraussetzung dafür sei, dass sich die Medizin weiter so wie in den vergangenen Jahren entwickele. Die Statistiker gehen davon aus, dass sich der Rückgang der Sterblichkeit im gleichen Tempo fortsetzt wie seit 1970. Noch im vergangenen Jahr war die Lebenserwartung mit 75,9 (Männer) und 81,5 Jahren (Frauen) beziffert worden.
Die Ursache für die deutlich kürzere Lebenszeit von Männern sehen Fachleute in erster Linie in den höheren Risikofaktoren. Im Gegensatz zu Frauen lebten Männer oftmals ungesünder - mehr Alkohol, fetteres Essen, weniger Vorsorgeuntersuchungen. Dazu kämen mehr Unfälle im Alltag und mehr Suizidfälle.
Massive Unterschiede bei der Lebenserwartung gibt es aber auch zwischen den Bundesländern. In Baden-Württemberg leben die Menschen besonders lange, die niedrigste Lebenserwartung hat die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern. Nordrhein-Westfalen liegt auf einem Mittelplatz. Klar zu erkennen ist auch der Trend, dass die Lebenserwartung in den neuen Ländern schneller steigt als in den alten. Der direkt nach der Einigung festgestellte Abstand von 2,5 Jahren ist fast komplett geschmolzen. Als Grund dafür wird die Angleichung der Lebensbedingungen mit der verbesserten medizinischen Infrastruktur vermutet.
Das längere Lebensalter der Bevölkerung hat indessen nicht nur spürbare Auswirkungen auf die Belastungen der Rentenkassen. Wissenschaftler sehen auch fehlende Perspektiven für ältere Menschen und bemängeln strategische Planungen, diese länger in den Betrieben zu halten.

Artikel vom 14.04.2006