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Bertelsmann:
Festnahmen
nach Razzia

Chefermittler Oberstaatsanwalt Eckhard Baade.

Mohn Media und Sonopress im Visier

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). Korruptions-Razzia bei der Bertelsmann AG in Gütersloh: Staatsanwälte, Polizisten und Steuerfahnder haben gestern Büros von Mohn Media und Sonopress durchsucht. »Wir haben drei Verdächtige festgenommen«, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann.

Mehrere Mitarbeiter stehen im Verdacht, Bestechungen angenommen zu haben. Schon seit Wochen sind die Ermittler dabei, die vermutete Korruption bei den Bertelsmann-Töchtern Mohn-Media und Sonopress sowie Zulieferern aufzudecken. Dienstleister wie etwa Verpackungsunternehmen sollen seit Jahren sechs verantwortliche Mitarbeiter bei Sonopress und Mohn Media bestochen haben, um an lukrative Aufträge heranzukommen. Entsprechende Hinweise sollen die Ermittler von ehemaligen Geschäftspartnern sowie Sonopress- und Mohn Media-Mitarbeitern bekommen haben. Die beiden Unternehmen gehören zur Arvato AG, die eine Bertelsmanntochter ist und allein im Großraum Gütersloh 8700 Menschen beschäftigt. Nach Informationen dieser Zeitung sollen die mutmaßlich Bestochenen nicht nur höhere Geldbeträge erhalten haben, sondern auch teure Edel-Fahrräder, Motorräder und Reisen. In Einzelfällen sollen sie diese Wertgegenstände selbst ausgesucht und angefordert haben.
Gestern um 10 Uhr schlugen 45 Beamte gleichzeitig zu: Elf Objekte, darunter die Firmen »Butler« (seit Mitte 2005 insolvent) in Gütersloh und »Helping Hands« in Bielefeld, sowie ein Betrieb in Rietberg wurden durchsucht. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Eckhard Baade, der die Ermittlungen leitet. Man gehe, so Baade, bisher von einem Schaden von mehreren hunderttausend Euro aus. »Aber wir stehen erst am Anfang.« Zwei der gestern Festgenommenen sollen Mitarbeiter bei Dienstleistern sein und damit nicht zur Bertelsmann AG gehören.
Bereits im November lagen dem WESTFALEN-BLATT Hinweise auf Korruption bei der Arvato AG vor. Nachdem die Zeitung das Unternehmen informiert hatte, erklärte Arvato-Sprecher Thorsten Strauß einige Tage später, dass eine entsprechende Untersuchung durch die Innenrevision, die mehr als 50 000 Euro gekostet habe, ergebnislos verlaufen sei.
Die Arvato AG teilte gestern mit: »Wir kooperieren mit der Staatsanwaltschaft. Wir haben ein existenzielles Interesse an der Aufklärung der Verdachtsmomente. Wir werden nicht zulassen, dass einige Wenige den guten Ruf aller schwer beschädigen. Schon deshalb kooperieren wir mit den Ermittlungsbehörden, selbst wenn das für uns schmerzhafte Einschnitte mit sich bringen sollte.«

Artikel vom 13.04.2006