13.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zetsches neuer
Stil kommt an

Aktionäre loben Daimler-Chef

Von Frank Heidmann
und Michael Friedrich
Berlin (dpa). An diesem Mittwoch in Berlin war alles anders: Schon nach dem ersten Satz erhielt der neue DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche auf der Hauptversammlung des Autokonzerns Beifall. Bei seinem Vorgänger Jürgen Schrempp hatte im April vergangenen Jahres dagegen im Saal eisiges Schweigen geherrscht.
Dieter Zetsche verrät sein Grundgehalt: 1,5 Millionen Euro. Foto: dpa
Euphorie kam zwar nicht auf, dennoch wirkten die Aktionäre in der Absicht vereint, dem neuen Konzernlenker eine Schonfrist einräumen, um die Probleme bei DaimlerChrysler in den Griff zu bekommen.
In der Tat würdigten denn auch Aktionärsvertreter, was Zetsche in den wenigen Monaten seiner Amtszeit bereits angepackt hat: den Umbau der Konzernzentrale, massive Stellenstreichungen, den Verkauf von Anteilen am Luft- und Raumfahrtkonzern EADS und harte Schnitte bei der defizitären Kleinwagenmarke Smart. Diese allerdings gingen vielen nicht weit genug. »Warum haben Sie nicht einen Schlussstrich gezogen, sondern wursteln jetzt mit nur noch einem Modell weiter?«, fragte ein Aktionärsvertreter.
»Wir begrüßen es, dass sie die Geschicke des Konzerns leiten«, sagte die Sprecherin des größten deutschen Investmentfonds DWS. Ihr Kollege hatte im Vorjahr in schneidender Schärfe erklärt, dass es zur Unternehmenskultur gehöre, Ergebnisse schönzureden. »Treten Sie zurück, Herr Schrempp« rief damals ein Kleinaktionär und der Saal tobte. Für Zetsche dagegen gab es immer wieder Beifall.
Dass Dieter Zetsche einen anderen Stil pflegt, zeigte sich schon am Morgen, als der Konzernlenker sich im Foyer des Congress Centrum unter die Aktionäre mischte. Bei Schrempp wäre dies undenkbar gewesen. Allerdings hatte es sich der Ex-Vorstandschef nicht nehmen lassen, persönlich zur Hauptversammlung an die Spree zu reisen.
Ungeachtet des freundlichen Klimas gab es auch kritische Stimmen. Gerd Eisenhauer etwa, Arzt aus München und seit 20 Jahren Daimler-Aktionär, sagt, ihn habe Zetsche bisher nicht überzeugt. Der Aktionär ist vor allem mit der Modellpolitik des Konzerns unzufrieden. »Die Marke Mercedes ist total verwässert worden.« Andere Stimmen loben Zetsche. »Wir fühlen uns wieder ernst genommen«, sagte ein Ehepaar aus Barsbüttel. »Das ist ein anderer Stil als bei Schrempp.« Und ein handfestes Trostpflaster bleibt den Aktionären obendrein: Der Wert der Aktie ist innerhalb eines Jahres um 50 Prozent gestiegen.

Artikel vom 13.04.2006