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Ruhestand ist
nicht in Sicht

Seit 54 Jahren auf dem Thron

London (dpa). Schon als sie durch den frühen Tod ihres Vaters, George VI., im Alter von 25 Jahren über Nacht von einer Prinzessin zur Königin wurde, war für Elizabeth II. klar, dass sie eine Aufgabe fürs Leben angetreten hatte.

»Sie saß aufrecht an ihrem Schreibtisch und akzeptierte ihr Schicksal sofort. Ihre Gefühle blieben tief verborgen«, berichtete ein Höfling, der die Prinzessin im Februar 1952 auf einer Safari in der damaligen Kolonie Kenia begleitet hatte. Wenn die Queen am Freitag ihren 80. Geburtstag feiert, ist sie 54 Jahre auf dem Thron. Und der Ruhestand ist noch lange nicht in Sicht.
Die Wende im Leben von Elizabeth Alexandra Mary Windsor hatte sich schon Jahre vor dem Tod des Vaters angekündigt. Die Abdankung ihres Onkels Edward VIII. wegen seiner Liebe zur geschiedenen US-Bürgerin Wallis Simpson 1936 hatte zur Folge, dass ihre Eltern, König George VI. und Elizabeth, die 2002 gestorbene »Queen Mum«, schon 1937 und viel früher als geplant gekrönt wurden.
Maßgeblich geformt wurde Elizabeth aber nicht nur durch den frühen Tod ihres Vaters, sondern auch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Erinnerungen an deutsche Bombenangriffe, vor denen die Königsfamilie häufig in die Kellergewölbe von Schloss Windsor floh, blieben haften. Danach brachen glücklichere Zeiten an. Elizabeth und der Marineleutnant Prinz Philip, in den die Prinzessin sich schon im Alter von 13 Jahren verliebt haben soll, heirateten im November 1947 im Westminster Abbey.
In der 1000-jährigen Geschichte der britischen Monarchie hält Königin Elizabeth bei der Anzahl der »Dienstjahre« den vierten Rang. Nur Königin Victoria, die 64 Jahre herrschte, George III. und Henry III. saßen länger auf dem Thron. Die Queen als Herrscherin ist daher auch Zeitzeugin von so umwälzenden Ereignissen wie dem Untergang des britischen Empire, der Gründung der EU, dem Fall der Berliner Mauer und des Kommunismus in ganz Osteuropa.
Diese Rolle, gepaart mit einem unerschütterlichen Verständnis von Tradition, Disziplin und Pflichtgefühl, sowie ein fester Glaube, Moral, eine unerschütterliche Haltung und Humor haben der Queen nach Ansicht von Kennern dabei geholfen, auch die tiefen Krisen in ihrem persönlichen Leben zu meistern. Angefangen von dem absichtlichen Treppensturz der damals schwangeren Prinzessin Diana auf Schloss Sandringham zu Weihnachten 1981, bis hin zur Scheidung der Ehen von drei ihrer vier Kinder Mitte der 90er Jahre, hatten die Krisen und Skandale nicht aufgehört. Das Jahr 1992, den Höhepunkt der Krisenserie, erklärte die Queen zu ihrem Schreckensjahr.
Nur einmal, beim Tod von Diana im August 1997, geriet die Queen selbst in die Schusslinie der Kritik. Damals waren 72 Prozent der Bevölkerung der Meinung, sie habe nicht genügend Gefühl gezeigt. Schnell griff sie zur Schadensbegrenzung, hisste die Trauerflagge auf dem Buckingham-Palast und ordnete ein Staatsbegräbnis für die Schwiegertochter an.
Tränen in der Öffentlichkeit wurden bei der Queen allerdings erstmals fünf Jahre später, nach dem Tod ihrer Mutter im März 2002, gesehen.

Artikel vom 19.04.2006