14.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Täter sollen Polizei bezahlen

Gewerkschaft stellt Konzept vor - Jährlich Millioneneinnahmen möglich

Von Christian Althoff
Düsseldorf (WB). Straftäter sollen in Nordrhein-Westfalen nach Vorstellung des »Bundes Deutscher Kriminalbeamter« (BDK) künftig einen Teil der Ermittlungskosten tragen.
Rolf Jaeger ist Vize-Vorsitzender des BDK-Landesverbandes NRW sowie des Bundesverbandes.
Ein entsprechendes, neun Seite umfassendes Konzept haben Vertreter des BDK-Landesverbandes jetzt NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) und Landesfinanzminister Helmut Linssen (CDU) vorgestellt.
Mit Ausnahme der Polizei gelte in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung das Verursacherprinzip, sagte am Donnerstag der BDK-Landesvorsitzende Rolf Jaeger, Leitender Kriminaldirektor im Landeskriminalamt. »Ob ich eine Schanklizenz brauche, einen neuen Pass benötige oder mein Auto ummelde - immer ist eine Gebühr fällig.« Deshalb sei nicht nachzuvollziehen, dass Straftäter für die von ihnen verursachte Ermittlungsarbeit nicht aufkommen müssten. »Das ist eine Gerechtigkeitslücke zu Lasten gesetzestreuer Bürger«, sagte Jaeger.
Der BDK strebt eine nach seiner Auffassung unbürokratische Regelung an: »Eine Kommission aus Richtern, Staatsanwälten und Polizisten könnte Fallpauschalen festlegen.« So könnten etwa ein Ladendiebstahl mit 100 Euro und eine Körperverletzung mit 150 Euro zu Buche schlagen. Die Summen würden im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung fällig und in die Landeskasse fließen.
Jurist und Buchautor Prof. Dr. Erwin Quambusch aus Bielefeld nannte den Vorschlag gestern überlegenswert. »Die Justiz lässt sich die Kosten des Verfahrens ja seit jeher vom Verurteilten erstatten. Dies könnte man auch auf die dem Prozess vorangegangen Ermittlungen ausweiten«, erklärte Quambusch, früherer Dozent an der Fachhochschule Bielefeld. Nordrhein-Westfalen könne eine entsprechende Gebührenordnung in das Landespolizeigesetz aufnehmen: »NRW kann diese Ermittlungsgebühren im Alleingang einführen, weil Bundesrecht gar nicht berührt würde.«
Im NRW-Innenministerium ist der Vorschlag zunächst auf Skepsis gestoßen: »Grundsätzlich steht die Arbeitskraft der Polizisten den Bürgern kostenlos zur Verfügung«, sagte Sprecher Wolfgang Beus. Davon will sich der BDK aber nicht entmutigen lassen: »Wir wollen möglichst viele Abgeordnete für unser Konzept gewinnen«, sagte Jaeger. Es sei ja nicht so, dass polizeiliche Leistungen grundsätzlich kostenlos seien: »Wenn wir ausrücken, weil eine defekte Alarmanlage anschlägt, muss der Besitzer den Einsatz ja auch bezahlen.«
In NRW sind im Jahr 2004 insgesamt 187 000 Straftäter verurteilt worden. Bei einer durchschnittlichen Ermittlungsgebühr von 200 Euro wären 37,4 Millionen Euro in die Landeskasse geflossen.
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.04.2006