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High-Tech-Werkstoff aus der Natur

Architekturstudenten bauen in Mosambik eine Markthalle aus Bambus

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Eine schöne Bambusstaude ist die Zierde eines jeden Gartens. Aber kann Bambusrohr auch als Baumaterial dienen? Es eignet sich sogar besonders gut dazu, sagen Architekturstudenten der Fachhochschule Lippe/Höxter. Zum Beweis wollen sie im Sommer in Mosambik eine 400 Quadratmeter große Markthalle aus Bambus bauen.

»Bambus ist ein natürlicher High-Tech-Werkstoff, der bei vergleichsweise geringem Gewicht eine hohe Belastbarkeit bei Zug, Druck und Torsion aufweist. Das macht ihn zu einem hervorragenden Material für den Hochbau. Außerdem wächst er schnell nach und ist dezentral verfügbar«, sagt Sven Detering, der vor zwei Jahren gemeinsam mit Kommilitonen den Verein »regeneraid« (regenerative recources for architecture in international development) gründete.
Als Mitgliedsgruppe im »Welthaus« Bielefeld setzt sich der Verein für die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Entwicklungsländern ein. Im Rahmen der deutsch-mosambikanischen Entwicklungszusammenarbeit errichtet die Gruppe in der Provinz Sofala eine Markthalle aus dem Riesengras.
»Wir wollen mit dem Bau einen Vorschlag zu nachhaltigem Bauen in potenziellen Bambus-Regionen machen«, sagt Detering. Denn zwar werde gebaut, aber nicht nachhaltig, weil das Material nach wenigen Jahren von Termiten zerfressen sei. »Wir entfernen den halmeigenen Saft und behandeln die Halme mit einer Borsalzlösung. Das macht sie gegen Ungeziefer resistent«, liefert Pamela Schriever des Rätsels Lösung.
Die Gruppe reiste bereits im Sommer 2004 in das 4000-Einwohner-Dörfchen Púnguè, um gemeinsam mit den Bewohnern Bambus zu ernten und zu präparieren. Campiert wurde in Zelten; Wasser zum Waschen und Trinken musste täglich aus einem Brunnen geschöpft und zum Lager getragen werden. »Das war schon beeindruckend«, sagt Christian Walger über die krassen Lebensunterschiede zwischen Mosambik und Deutschland.
Nichtsdestoweniger ist er wieder dabei, wenn die Gruppe im Sommer dieses Jahres nach Afrika reist, um ihr Bambusprojekt zu Ende zu führen, sprich: die Markthalle zu errichten. Praktisches Know-how bringen die angehenden Architekten und Architektinnen reichlich mit, denn zum einen sind sie ausgebildete Tischler und Zimmerleute, zum anderen haben sie vorsorglich einen 100 Quadratmeter umfassenden Prototypen der Markthalle gebaut. »Jeder Handgriff sitzt«, versichert Thomas Hofberger.
Neben dem Aufzeigen neuer Nutzungsmöglichkeiten für den nachwachsenden Rohstoff Bambus dient das Workcamp auch dem Kulturaustausch. »Eine Schlüsselrolle aber kommt der Stärkung des Landhandels zu«, betont Sven Detering.
Einzig die Finanzierung bereitet den Studenten, die einen Großteil ihrer Freizeit in das Projekt investieren, noch Kopfzerbrechen. 67 000 Euro brachte ein Antrag beim Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein. »Um das Projekt zu Ende zu führen, fehlen noch 33 000 Euro«, sagt Detering. Einnahmen hofft der Verein aus dem Verkauf des Prototyps zu gewinnen. Ebenso soll eine Versteigerungsaktion im Internet, bei der der Meistbietende den Namen für die Markthalle bestimmen kann, Geld einbringen. Gleichwohl werden weitere Sponsoren gesucht. Spenden nimmt das »Welthaus« unter dem Stichwort »Bambusprojekt« entgegen: Kontonummer 100666, Sparkasse Bielefeld.

Artikel vom 14.04.2006