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»Horrorunfall«
hält Bielefelder
weiter in Atem

Goldstraße: Schacht ungenügend geprüft

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Das jähe Ende eines Schaufensterbummels in der Altstadt beschäftigt auch 24 Stunden später noch die Bielefelder. Immer wieder bleiben Passanten an der Goldstraße 22 stehen, schauen in die Tiefe des Lichtschachtes. Die drei Unfallopfer sind nach medizinischer Versorgung wieder zu Hause. Hausverwalter Klaus-Dieter Gehner kündigte gestern an, alle Lichtschächte zum Gehweg gründlich prüfen zu lassen.

»Wir bedauern dieses Unglück zutiefst. Eine schreckliche Geschichte«, gestand am Montag eine Mitarbeiterin des Raumausstatters Jording. Man habe selbst erst aus der Zeitung von dem Unglück erfahren, das sich am Sonntag kurz vor 16 Uhr direkt vor dem Einrichtungshaus zugetragen hatte. Geschäftsinhaberin Cornelia Delius ist auf Auslandsreise. Ihre liebevolle Schaufensterdeko hatte die drei Frauen im Alter von 63, 43 und 39 Jahren offensichtlich zum Verweilen eingeladen, als das Unglück passierte.
»Der Träger der Gitterroste zur Hausseite hin ist abrissen und mitsamt der Roste in die Tiefe gestürzt«, berichtete Klaus-Dieter Gehner am Montag auf Anfrage. Er verwaltet die Immobilie, in der früher das Ofenhaus Heine ansässig war und das der Familie Gehner gehört. Man habe, unterstreicht Gehner, zwischenzeitlich mit einem Handwerksbetrieb Kontakt aufgenommen, der die Roste und Träger aller sechs Lichtschächte kontrollieren soll. Der eingestürzte Träger war offensichtlich an seiner Auflage durchgerostet Die einstürzende Roste hatte die drei Frauen mit in die Tiefe gerissen. »Es war schrecklich, aber alle mussten mit ansehen, wie die Sanitäter versuchten, die Frau unten im Schacht zu bergen«, berichtet Slavko Andijasevic.
Der Wirt des Altstadthotels hat sein Lokal gleich um die Ecke. Während die zwei jüngeren Frauen allein oder mit Hilfe einer Leiter aus dem mehr als zwei Meter tiefen Schacht hatten herausklettern können, musste die ältere Frau von Sanitätern medizinisch versorgt werden. Die Bergung mit Trage gestaltete sich äußerst schwierig. Die raumhohen Kellerfenster zum Schacht konnten nicht geöffnet werden, weil die Polizei den Hauseigentümer nicht erreichen konnte. Inzwischen sind alle drei Opfer nach medizinischer Versorgung mit teils erheblichen Blessuren aus dem Klösterchen nach Hause entlassen worden.
Dafür befassen sich jetzt Polizei und Stadtverwaltung mit dem »Horrorunfall« beim Schaufensterbummel. Das Verkehrsunfall-Kommissariat der Polizei ermittelt gegen den Hauseigentümer wegen fahrlässiger Körperverletzung. Sprecher Martin Schultz: »Wie bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden. Schließlich hat sich das Unglück auf dem Gehweg zugetragen.« Jetzt wird ermittelt, wie weit Eigentümer und Verwalter Verfehlungen nachgewiesen werden können. Bauamtsleiter Wolfgang Goldbeck unterstreicht: »Die Verkehrssicherungspflicht liegt beim Hauseigentümer. Das ist eindeutig geregelt.«
Der tiefe Schacht an der Goldstraße ist jetzt mit Gattern und Pfosten gesichert. Eine Abdeckbohle fehlt allerdings. Ein Passant: »Viel zu gefährlich. Ein Kind könnte sich losreißen und würde ungeschützt in die Tiefe stürzen. Das ist unverantwortlich.«

Artikel vom 11.04.2006