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Mülltonnen in
Garten geworfen

Streit um Nutzung eines Durchgangs

Bielefeld (mm). Dr. Elisabeth Harms traute ihren Augen nicht. Drei Mülltonnen, die normalerweise an der Seitenwand ihres Hauses an der Friedrich-Verleger-Straße stehen, lagen umgekippt in ihrem Garten. Die Behälter waren vom Besitzer des Nachbarhauses, Hans Micketeit, über eine anderthalb Meter hohe Mauer dort hin befördert worden. Er hatte die Aktion initiiert, weil er nicht mit dem angestammten Standort der Tonnen einverstanden ist.

»Unmöglich«, sagt Rechtsanwältin Ricarda Osthus, an die sich Frau Harms gewandt hat, »da schafft sich jemand sein eigenes Recht«. Micketeit räumt ein, zur Selbsthilfe gegriffen zu haben, nachdem Gespräche mit seiner Nachbarin erfolglos geblieben seien: »Der Weg führt zu einer Psychologischen Praxis. Und die Mülltonnen behindern im Gefahrenfall den Fluchtweg«, führt er als Begründung an.
Seit mehr als 50 Jahren wohnt Elisabeth Harms in dem Haus an der Friedrich-Verleger-Straße. drei Wohnungen hat sie vermietet. Seit Jahr und Tag stehen die Mülltonnen auf dem 1,40 Meter breiten Durchgang, der ihr Haus vom Nachbargebäude trennt und zu dem Hinterhaus mit der Praxis führt. 56 Zentimeter des Gemeinschaftsweges gehören zum Harmsschen Grundstück. »Probleme hat es nie gegeben«, sagt Frau Harms. »die Tonnen haben schon dort gestanden, als die Praxis vor etlichen Jahren eröffnete.« Sie ist über die Aktionen ihres Nachbarn - mehrfach versetzte er die Tonnen - empört. Einen anderen Platz für die Behälter gebe es nicht, sagt sie.
Vor wenigen Tagen erhielt die alte Dame Post vom Anwalt Micketeits. In dem Schreiben wird sie ultimativ aufgefordert, die Behälter zu entfernen. Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwagen könnten nicht ungehindert die Psychologische Praxis erreichen, argumentierte der Jurist.
»Das ist nicht stichhaltig«, sagt Rechtsanwältin Osthus. Der Gemeinschaftsweg sei breit genug. Wenn Rollstuhlfahrer Schwierigkeiten hätten, dann wegen der fünf Treppenstufen, die zum Eingang der Praxis führten. Zudem gebe es eine Erschließungsstraße entlang der Rückfront des Gebäudes, von wo aus ein ebenerdiger Zugang zu den Praxisräumen möglich sei.
Auf Anforderung Micketeits hat die Stadt Bielefeld die Situation überprüft. »Es ging darum, ob der Durchgang als Fluchtweg frei gehalten werden muss«, sagt Wolfgang Goldbeck, Leiter des Bauamtes. Antwort: Nein. Goldbeck: »Im Gefahrenfall können die Bewohner des Hauses an der Friedrich-Verleger-Straße nach vorn flüchten, die Menschen aus der Praxis auf die hinter dem Gebäude liegende Erschließungsstraße.« Ob Mülleimer auf dem Gemeinschaftsweg abgestellt werden dürfen, sei allein Angelegenheit der beiden Parteien. Die Stadt habe darauf keinerlei Einfluss.
Nach Auffassung Micketeits besteht die Möglichkeit, die Tonnen auch über die rückwärtige Erschließungsstraße zu entsorgen: »Im Durchgang können sie jedenfalls nicht stehen bleiben.«
Dem hält Rechtsanwältin Osthus entgegen, dass die Behälter zu Recht auf dem Grundstück ihrer Mandantin stünden. Auf keinen Fall gehe es an, die Mülleimer eigenmächtig zu versetzen.

Artikel vom 12.04.2006