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Den Menschen
im Sucher

Carsten Borgmeier zeigt 65 Fotos

Von Matthias Meyer zur Heyde
Gütersloh (WB). Wie wäre die Welt ohne den Menschen? Nun - zwar kennte sie weder Armut noch Krieg, doch gäbe es auch niemanden, der ihrer Schönheit ein Denkmal setzte. Im Mittelpunkt der Fotografien von Carsten Borgmeier steht deshalb der Mensch.
Carsten Borgmeier entdeckt in Krisengebieten wie Afghanistan Zeichen der Hoffnung.Foto: Judith Frerik

Was möchte der Mensch sein? Seine Ansprüche sind so bunt wie die Welt: Ein Mini-Dracula wie der dämonische Knirps beim Karneval in Rietberg (Kreis Gütersloh). Gewaltig, aber fremdem Blick entzogen, wie die Piloten waffenstarrender Kampfjets unter blauem Himmel. Oder einfach nur glücklich - der afghanische Junge jedenfalls, der nicht mehr besitzt als einen mageren Esel, lacht so froh, als wolle er die staubige Einöde in eine lebenspendende Oase verzaubern. Bis zum 5. Mai zeigt Carsten Borgmeier unter dem Titel »Von Kattenstroth bis Kabul« in der Volksbank Gütersloh 65 Bilder aus den vergangenen anderthalb Jahrzehnten; werktags von 8.30 bis 16.30 Uhr.
Er möchte die Welt mit dem Herzen sehen, sagt Borgmeier, der als Foto-Redakteur beim WESTFALEN-BLATT das Leben durch den Sucher seiner Kamera betrachtet. Und so funktionieren seine Bilder denn auch: Sie erzählen Geschichten auf zwei Ebenen, auf der dem menschlichen Auge sichtbaren und auf der, die sich nur dem Herzen erschließt. Der Betrachter fügt, wenn er sich angesprochen fühlt, mit seinem amüsierten, erstaunten oder kritischen Kommentar eine dritte Dimension hinzu.
Die Welt des Militärs fasziniert den Fotografen, mag er sie auch in Bildern zerschossener Häuserfassaden auf dem Balkan und lächelnder Zivilisten ironisieren. Wenn Borgmeier die Kamera im Anschlag hält, regiert Mars in NATO-oliv und Splitterschutzweste - aber zwischen Handgranate und Sturmgewehr, vor dem Kampfpanzer, tapst ein Kleinkind durch den Sucher.
Borgmeier liebt das Pittoreske, das Farbige, den blauen Schador der Frauen im gelb-braunen Wechselspiel von Licht und Schatten. Der Mensch steht im Mittelpunkt seiner Fotos, niemals an der Peripherie, denn das auf den Nachrichtenwert trainierte Auge des Zeitungsmachers will das Wesentliche dingfest machen und alles erklären.

Artikel vom 20.04.2006