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Wellness-Kosten gut angelegt

Milliardengeschäft: Immer mehr Bürger investieren in ihre Gesundheit

Von Edgar Fels
Düsseldorf/Bad Salzuflen (WB). Während sich Wirtschaftsexperten und Politiker den Kopf darüber zerbrechen, wie sie die Binnenkonjunktur in Deutschland am besten auf Trab bringen, zeigen sich die Menschen hierzulande bei einem Thema ganz und gar nicht knauserig: Gesundheit oder neudeutsch Wellness.

Fast 73 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr für private Wellnessanwendungen und -produkte aus. Das sind sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Das Spektrum reicht dabei vom Fitnessstudio- und Saunabesuch über die Anwendung im Thermalbad bis hin zu einem mehrtägigen Aufenthalt auf einer Schönheits- oder Beauty-Farm. Aber auch Angebote, die sich mit gesunder Ernährung befassen, erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Viele der bundesweit 5500 Fitnessstudios mit ihren 4,2 Millionen Mitgliedern haben sich auf diesen Trend eingestellt und verdienen daran. Die Branche brummt. Das gilt auch für das Staatsbad Bad Salzuflen, wo der gesamte Bereich Wellness längst zu einem zweiten Standbein neben den klassischen Kuranwendungen geworden ist, berichtet Marketingleiterin Birgit Schrott.
»Zu uns kommen immer mehr gestresste Leute, die eine Pause vom Alltag brauchen«, sagt Schrott. Besonders beliebt seien die »Wohlfühl«-Pauschalangebote von zwei bis sieben Tagen. Waren es 2004 noch 105 Buchungen, so hat sich die Zahl im vergangenen Jahr auf 350 mehr als verdreifacht. Allerdings ist die Zahl der Mitarbeiter im Staatsbad mit 170 weitgehend konstant geblieben.
Ähnlich gut verläuft die Entwicklung in der Westfalen-Therme in Bad Lippspringe. Dem 1987 eröffneten Spaß- und Freitzeitbad ist seit sieben Jahren das Vita-Hotel mit angeschlossen. Zuerst setzte das Management vor allem auf Geschäftsleute als Kunden. Sie sorgten an den Werktagen für 80 Prozent des Umsatzes.
Seit drei Jahren aber steigt die Zahl der Besucher an den Wochenenden im zweistelligen Prozentbereich. »Zu uns kommen immer mehr Kurzurlauber, viele aus dem Ruhrgebieet«, sagt Marketingleiter Robin Stork. »Jetzt machen wir an den Wochenenden 40 Prozent unseres Umsatzes im Hotel.« Acht von zehn Gästen verbringen ihre Zeit vorwiegend im Bad und das heißt zum großen Teil in der Sauna. Inzwischen könne es passieren, dass Termine für Massagen ausgebucht sind, berichtet Stork. Das habe es vor fünf Jahren noch nicht so gegeben. Auch Stork macht die zunehmende Belastung im Beruf für diesen Trend verantwortlich. »Viele Leute geben für große Reisen weniger Geld aus, gönnen sich dafür öfter einen erholsamen Kurzurlaub.«
Trendforscher hätten für die Form der Freizeitgestaltung übrigens das Kunstwort »Luxkese« geprägt: Eine Wortschöpfung aus Luxus und Askese. Auch für den inzwischen inflationär verwendeten Begriff Wellness gebe es Ersatz: Selfness. Stork: »Das heißt, sich selbst etwas Gutes tun.«
Dazu gehört vor allem der gesundheitliche Aspekt: Trainingsprogramme zur Osteoporose-Behandlung, Ernährungs- und Bewegungsberatung und neue Gerätelinien zur gezielten Vorbeugung sind Beispiele dafür, dass sich der Markt gewandelt hat. Für mehr als 70 Prozent der Fitness-Studiomitglieder stehen inzwischen die Motive der körperlichen Fitness zur Gesundheitsvorsorge und Entspannung im Vordergrund.
Fast jedes dritte Studiomitglied ist inzwischen älter als 40 Jahre, ein Fünftel sogar älter als 50 Jahre.

Artikel vom 11.04.2006