13.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Dieser Mensch
ist voller Wut

Premiere: »Der Judas von Tirol«

Bayern, 21.45 Uhr: Der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer ist längst zur Legende geworden. Im Kampf gegen Franzosen und Bayern und für den Erhalt der Tiroler Traditionen und Bräuche geriet er 1810 durch Verrat in Gefangenschaft und wurde auf Anordnung Napoleons standrechtlich erschossen.

Nicht Hofer, sondern sein Verräter steht im Mittelpunkt des Theaterstücks »Der Judas von Tirol« von Karl Schönherr (1867-1943). Auf der Grundlage dieses Stücks hat der bayerische Volksschauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Werner Asam einen Fernsehfilm gedreht, der erstmals im TV gezeigt wird.
Der »Judas von Tirol« heißt Franz Raffl (Johann Schuler). Er arbeitet als Knecht auf dem Hof des Pfandler-Bauern. Der Außenseiter wird von seinem Dienstherrn unterdrückt und von den anderen Dorfbewohnern gemieden. Franz ist zu einem Menschen voller Wut, Hass und Selbstzweifeln geworden. Als französische Truppen die Bevölkerung des Dorfes auffordern, den Aufenthaltsort von Andreas Hofer zu verraten, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Auch Jesus wurde verraten, und ist Hofer mehr wert als der Herrgott? fragt sich der Franz.
Als die Aufführung der »Christus-Spiele« ansteht, übernimmt Franz Raffl die Rolle des Judas. Dann erfährt er von seiner Mutter, dass er ein Findelkind ist. Enttäuschung und Verbitterung wachsen in ihm so sehr, dass er seiner Rolle als Judas gerecht wird. Für die versprochenen 200 Golddukaten verrät er Hofer an die Franzosen.
Die Gegenfigur zu Franz Raffl ist der alte Martl, gespielt von Dietmar Schönherr (79), der in den 60er und 70er Jahren als Schauspieler und Talkmaster eine der populärsten Figuren im deutschen Fernsehen war. Schönherr ist ein Nachfahre des Theaterautors Karl Schönherr. Der von ihm dargestellte Knecht Martl ist Andreas Hofer treu ergeben und versucht, diesen in letzter Minute vor dem Verrat Raffls zu warnen.
Drehbuchautor und Regisseur Asam war von Schönherrs Stück schon beim ersten Lesen fasziniert. 1998 sicherte er sich die Option für die Fernsehrechte. Im Februar und März 2005 wurde schließlich gedreht - in 1800 Metern Höhe in den Südtiroler Alpen. Die »Besatzungsmacht« der Franzosen und Bayern rekrutierten die Filmemacher aus der einheimischen Bevölkerung.
Asam wollte nicht die Geschichte Hofers erzählen, sondern die der kleinen Leute. »Nicht der Freiheitsheld, sondern die, die ihn erdulden mussten, sind meine Helden.« In seiner Geschichte nehmen Franzosen und Bayern den Menschen in dem Dorf in Südtirol alles, was ihnen wichtig ist.

Artikel vom 13.04.2006