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Wucht aus zwei Tüten
Triumph baut (auch) auf den Twin-Kult: »Scrambler« komplettiert Retro-Reihe
Wer »vernünftige« Argumente fürs Motorradfahren sucht, kommt schnell ins Schleudern. Denn ein Motorradkauf ist vor allem eine Angelegenheit des Herzens.
Und genau die Hersteller, die auf Emotion pur setzen, erfreuen sich in der Regel auch einer wachsenden Fangemeinde. Die britische Traditionsmarke Triumph, 1990 in der südenglischen Herforder Partnerstadt Hinckley (Südengland) gewissermaßen »auferstanden aus Ruinen«, ist dafür ein erfrischendes Beispiel.
Nicht nur, dass die neuen Macher einer der ältesten Motorradmarken der Welt (erste Maschine 1902) seit 1990 die Verarbeitungssünden ihrer Vorgänger aus den 1970er und 80er Jahren vergessen machen: Sie bieten heute eine Modellpalette an, die in jeder Sparte, von Klassik über Supersport bis Super-Cruiser, die jeweilige Zielgruppe elektrisiert.
Das gilt insbesondere für die erstarkte Retro-Abteilung. Erst nachdem die Motorradmacher aus Hinckley mit ihren sportlichen bis supersportlichen Dreizylinder-Turbinen, aktuell in »Speed Triple«, »Sprint ST«, »Daytona« (2006 neu als 675er für 10 150 Euro) und auch dem Allround-Tourer »Tiger«, fest im Sattel saßen, wagten sie sich erneut an das heran, was einstmals britischen Motorradbau kultig machte: großvolumige Parallel-Zweizylinder, die so genannten Twins, die mit langem Hub ihre Kraft aus der Tiefe schöpfen. Die »Bonneville« war anno 2000 die erste, die - auch vom Namen her - an jene klassischen Zeiten anknüpfte.
Doch Schrauber brauchen heute keine Zollwerkzeuge mehr, um ihre »Bonnie«, wie die von 1959 bis 1984, am Laufen zu halten: Erstens, weil sie zuverlässig ist, zweitens, weil auch in Hinckley sich die metrischen Maße durchgesetzt haben.
Geblieben sind der unverkennbare Sound parallel zündender Zylinder aus zwei chromglänzenden »Peashooter«-Auspufftüten und eine detailverliebte Nostalgie-Optik, die sich mit der Zubehör-Reihe »Sixty8« bis zum Union-Jack-Tank auf die Spitze treiben lässt. In zwei Hubraumvarianten ist die »Bonneville« heute im Rennen - 790 Kubikzentimeter (61 PS) und 865 ccm (68 PS) in der »Bonneville T100«. Die Preise beginnen bei 7350 Euro.
Die Paralleltwins sind auch die Herzstücke der Klassiker »Thruxton« (8750 Euro) im Stil eines Café-Racers und der jetzt ganz neuen »Srambler« (8750 Euro): Hochgezogener Doppelauspuff und Stollenreifen verwandeln ihre Bezwinger unweigerlich in Steve McQueen - zu seinen besten Zeiten natürlich. Aktuell erledigt Kino-Nachfahre Tom Cruise seine »Mission Impossible III« teilweise per »Scrambler«.
Auch im Cruiser »America« (8590 Euro) und dessen Sportversion »Speedmaster« (9150 Euro) ballert der Zweizylinder - vor allem für den US-Markt wurden diese Highway-Kreuzer entwickelt. Eine echte Rakete zündete Triumph in jener Klasse freilich mit der »Rocket III«: Seit 2004 ist der 2,3-Liter-Dreizylinder das »fetteste« Serienbike der Welt. In einer Classic-Version ist sie von dieser Saison an mit komfortbetonten Ausstattungselementen wie Touring-Sitzbank und Trittbrettern erhältlich. Der Preis ist noch offen - die »einfache« Version kostet ab 17 750 Euro. Ingo Steinsdörfer

Artikel vom 06.05.2006