13.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Italiener sind überzeugt: »Er ist einer von uns«

Katholiken im Stiefelstaat sind glücklich mit dem Nachfolger von Johannes Paul II.

Von Carola Frentzen
Rom (dpa). Zuerst standen die Italiener dem neuen Papst ja ziemlich skeptisch gegenüber. Ein Deutscher auf dem Stuhl Petri und dazu noch ein derart strenger Theologe mit erzkatholischen Ansichten - da schaute so mancher von Rom bis Ragusa etwas besorgt drein.
Eine Schlagzeile, die Geschichte gemacht hat. Foto: Reuters

Aber die Menschen haben ihre Meinung über Joseph Ratzinger schnell geändert: Sein mildes Lächeln und sein zurückhaltendes, ja fast schüchternes Auftreten haben das zweifelnde Volk überzeugt. »Die Menschen in Italien nehmen diesen Papst ernst«, schrieb denn auch eine Zeitung im vergangenen Oktober, genau ein halbes Jahr nach dem Konklave.
Eine Umfrage ergab damals, dass neun von zehn Italienern Benedikt XVI. »verständlich« finden und dass die große Mehrheit ihn zwar für einen »Konservativen« hält, der aber »offen für einen Dialog« ist. »Und er lebt schon so lange in Italien, dass er einer von uns ist«, entschuldigen viele Ratzingers einzigen »Fehler« - eben kein Italiener, sondern ein Deutscher zu sein. Gleichzeitig wird im Land immer wieder gern über seinen bayerischen Akzent gewitzelt, den Benedikt auch im Italienischen einfach nicht los wird.
Auch deutschen Touristen ist bereits aufgefallen, dass sich seit dem 19. April 2005 irgendetwas im Verhältnis der beiden Länder geändert hat. Wurden die »Teutonen« zuvor gerne wegen ihrer sprichwörtlichen Disziplin und Genauigkeit verspottet, werden sie heute oftmals mit dem Papst identifiziert: »Sie sind Deutscher? Genau wie der Papst!«, so schön klingt die neue italienisch-deutsche Harmonie.
Alles in allem sind die Katholiken im Stiefelstaat glücklich mit dem Nachfolger von Johannes Paul II., obwohl immerhin 66 Prozent Karol Wojtyla weiter den Vorzug geben. Dennoch hat »Benedetto« das geschafft, was sein Vorgänger zuletzt krankheitsbedingt nicht mehr schaffte: Die Menschen wieder auf den Petersplatz zu locken. Sowohl bei den Angelus-Gebeten als auch bei den Generalaudienzen konnte Benedikt XVI. die Teilnehmerzahl verdoppeln.

Artikel vom 13.04.2006