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Wer nörgelt, verdient die
»neunschwänzige Katze«
Auf der »Aida« wird Spaß groß geschrieben -Êund es gibt vieles zu erleben
Die Reise beginnt mit einer bösen Überraschung. Da hat man endlich die quälende Einreiseprozedur mit den muffeligen Grenz- und Zollbeamten von Jamaica hinter sich, auch die Schlange beim Check-in im Kreuzfahrt-Terminal »abgearbeitet«, ist müde, aber erwartungsfroh auf der »Aida Aura« angekommen und dann dasÉ
Oh Schreck: Nach dem ersten Gang über das Schiff sind die Hände schwarz und weiße Kleidungsstücke dreckig. Bei der Willkommensparty am Pool sorgt Clubchef Ernie dann für Aufklärung: »Das verdanken wir der ÝMaxim GorkiÜ, die bläst den Ruß aus ihrem Schornstein herüber!« Ein Blick über den Bug beweist: Dieser Seelenverkäufer hat direkt vor der Aida festgemacht. »Wir haben uns natürlich bei denen für die Sauerei beschwert. Dann haben wir unsere Mannschaft mit Schläuchen, Schrubbern und Lappen aktiviert. Jetzt ist alles wieder okay, ihr seid hoffentlich auch okay, denn ihr habt Urlaub!« Das letzte Wort hat er so laut und langgezogen ins Mikrofon gerufen, dass es auch im hintersten Winkel von Montego Bay noch gut zu hören war. Eine karibische Tanzeinlage, eine stimmungsvolle Laser-Show: Die Kreuzfahrt hat begonnen.
Aber es dreht sich natürlich nicht alles nur ums Vergnügen. Für Klaus aus Köln war es die Reiseroute, die den Ausschlag gab: »Ich wollte immer schon mal zu den Maya-Stätten. Jetzt erlebe ich nicht nur Chichen Itza, sondern auch noch Honduras und Belize. Da kommt man doch sonst im Leben nicht hin.«
Doch erst einmal ist ein Seetag angesetzt. Wer zu spät kommt, den bestrafen reservierte Liegen an den schönsten Ecken des Schiffes. Schade, dass die Besatzung ihre Ankündigung nicht umsetzt, unbenutzte Liegen von Handtüchern zu räumen.
Also bleibt mir nur ein Stuhl, aber den stelle ich mir an ein schönes ruhiges und schattiges Plätzchen und schmökere in den ersten Tag hinein. Bis mir der Duft von Geselchtem und Gesottenem in die Nase steigt: Rund um den Pool steigt ein französischer Brunch, der schon mal einen Vorgeschmack auf die kulinarischen Leckereien der kommenden Woche gibt. Doch selbst das beste Essen und die größte Auswahl stellt gewisse Nörgler nicht zufrieden. Es kann der beste Koch nicht in Frieden brutzeln, wenn es dem Miesmacher nicht gefällt. Anke und Julia, die ihr bestandenes Abi etwas verspätet nachfeiern: »Für solche Leute hatte man doch früher mal die Neunschwänzige Katze - und anschließend wurden sie unter dem Boot hergezogen.« Der französische Brunch wird mittlerweile von schwedischer Musik umrahmt, denn das Showteam singt und tanzt ein Abba-Medley. Und dann wird die beliebteste Biersorte der Deutschen ausgeschenkt: Freibier.
Hochkalorischer Genuss ist auf der Aida Genuss ohne Reue, dafür sorgt die exzellent ausgestattete Muckibude ebenso wie die schweißtreibenden Landausflüge mit dem Fahrrad, wo es über Stock und Stein durch Berg und Tal geht. Mit Volleyball, Tauchen, Shuffleboard, Tischtennis und Golf am Simulator stehen an Bord weitere Alternativen zur Verfügung. Und dann sind da ja auch noch die diversen Bars und Discos, wo zu Schlagermucke abgehottet, zu Easy-Listening-Klängen der Klammerblues getanzt oder zu Dancefloor-Krachern die Hüften geschwungen werden.
Mit 1200 Passagieren ist die »Aida Aura« gerade noch klein genug, um ein gewisses Maß an Gemütlichkeit auszustrahlen. Und so herrscht an Bord eine Meinung, wenn die Aida neben den US-Super-Pötten liegt: »Damit würde ich nie fahren, die sind zu groß und unpersönlich.«
Aber die neuen Aida-Schiffe sollen auch 2000 Gäste befördern - bekommen mit Coffeeshop, Vinothek und Sushi-Bar weitere gastronomische Angebote und deutlich mehr Kabinen mit Balkon.
Aida Cruises ist mit 233 000 Passagieren und einem Umsatz von 375 Millionen Euro im Jahr 2005 deutscher Marktführer. Derzeit besteht die Flotte aus vier Clubschiffen. Zwischen 2007 und 2009 werden die bei der Meyer Werft in Papenburg für 630 Millionen Euro bestellten neuen Schiffe ausgeliefert. Thomas Albertsen

Artikel vom 22.04.2006