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Kahns Schachzug
Hart
am
Ball

Von Klaus Lükewille

Und jetzt?
Jetzt ist die T-Frage immer noch nicht endgültig geklärt. Denn das Duell geht weiter. Bis zum WM-Anpfiff. Oliver Kahn hat zwar gesagt, das Thema sei erledigt - aber er weiß natürlich nur zu genau, dass er mit seiner Turnier-Teilnahme den Kasten-Kampf neu eröffnet hat.
Ob er von den Ober-Bayern Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hier bestens beraten wurde, oder ob es tatsächlich die eigene Entscheidung gewesen ist: clever war dieser Schachzug in jedem Fall.
Kahn gab den großen Sportsmann. Diplomatisch perfekt. Tenor: Man muss auch verlieren können. Die Mannschaft ist wichtiger als Einzelpersonen. Es geht um die Weltmeisterschaft. Es geht um die Stimmung im Land. Es geht um den Dienst für Deutschland. Und da setzt sich auch ein Oliver Kahn auf die Bank - wenn's denn sein muss.
Wie edel. Bravo.
In London und Huntington Beach wurde nach dieser Kahn-Erklärung garantiert nicht laut gejubelt. Jens Lehmann ist zwar seit Freitag die Nummer 1 im deutschen Tor. Aber mit einem Kahn hinter der Kiste werden die nächsten Tage und Wochen für ihn nicht so angenehm. Alle schauen nun noch genauer hin, vor allem die Herren aus München. Ganz viele Fehler darf er jetzt für Arsenal und Deutschland nicht mehr machen. Ein Torwart unter Dauer-Druck.
Hält Lehmann das aus?
Im fernen Kalifornien wird auch der Bundestrainer erst einmal schwer geschluckt haben. Jürgen Klinsmann rechnete fest mit dem Rücktritt - und nun hat er den Kahn-Klotz weiter am Bein. Die gerechte Strafe für das nicht ganz faire Abschiebespiel mit dem Münchner Routinier?
Aber nein. Das werden die Bayern und Kahn selbstverständlich sofort dementieren. Sie denken alle nur an Deutschland. An die WM. Ehrlich.
Als Kahn seinen Entschluss verkündete, blickte er ernst in die TV-Kamera. Ob er anschließend gelächelt hat? Vielleicht. Oder sogar bestimmt.

Artikel vom 11.04.2006