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Arbeiten nichts für feine Nasen

Stauteich »Walkenmühle« wird entschlammt - Gestern Schieber geöffnet

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Es wird nach faulen Eiern riechen. Besonders in den ersten zwei bis drei Wochen. Doch nicht etwa wegen des nahenden Osterfestes. Vielmehr wurden gestern die Schieber am Ablauf des Stauteiches I, An der Walkenmühle, geöffnet.

»Bald riecht es nach Schwefel und Wasserstoff«, erklärt Diplom-Ingenieur Rainer Bökenkröger, während sein Kollege Rolf Begemann, ebenfalls Diplom-Ingenieur, zusammen mit Techniker Martin Krietemeier zum großen Schrauber greift. Dann heißt es »Wasser marsch«. Denn das knapp ein Hektar große Gewässer, das von der Lutter gespeist wird, soll trocken gelegt werden, damit der Schlamm entwässert und anschließend beseitigt werden kann.
Hintergrund der Maßnahme: Um den Auflagen der Aufsichtsbehörde im Einzugsgebiet Weser-Lutter zwischen dem Stauteich in Bielefeld-Mitte und dem Stadtbezirk Gadderbaum gerecht zu werden, wäre der Bau von drei Regenklärbecken erforderlich gewesen. Die Realisierung an den erforderlichen Standorten erwies sich aber als ausgesprochen problematisch. Deshalb hat der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld im Einvernehmen mit dem Regierungspräsidenten in Detmold eine ökologisch sinnvolle und zudem preiswertere Lösung erarbeitet: die Entschlammung des Stauteiches zwischen Heeper- und Mühlenstraße im Osten der Stadt inklusive einer baulichen Veränderung.
Die Wassertiefe wird von jetzt maximal 1,60 Meter um weitere 70 Zentimeter gesenkt, die Schwelle zur Erhöhung des Wasservolumens und damit der Reinigungsleistung um 30 Zentimeter. In den Zulaufbereich wird eine »selbstschwimmende« Tauchwand integriert, die bei ansteigendem Wasserpegel etwaige Schwimmstoffe aufhält.
»Müll ohne Ende« erwartet Bökenkröger bereits bei der natürlichen Entwässerung des Schlamms, die sich über mehrere Monate hinziehen kann. Fahrräder und Einkaufswagen des benachbarten Verbrauchermarktes ragen schon jetzt sichtbar aus den Fluten und stören die Idylle für Mensch sowie Enten und anderes Getier. Das Gelände wurde bereits weiträumig eingezäunt. Die Sanierung des Stauteiches kommt die Stadt 520000 Euro billiger als der Bau drei neuer Klärbecken. Statt 870000 Euro belasten nun nur noch 350000 Euro das lädierte Stadtsäckel. »Vorausgesetzt, die zweimonatigen Schlammproben verlaufen negativ und machen keine Sonderbehandlung notwendig«, so Begemann.
Die gesamte Maßnahme soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Und zwar in drei Schritten: der Entleerung des Teiches, der natürlichen Entwässerung des Schlammes und dessen Entsorgung nach erneuter Analyse. Erfahrungen bei ähnlichen Vorhaben haben gezeigt, dass sich die Inhaltsstoffe der Sandansammlungen im Wasser in Verbindung mit Sauerstoff positiv verändern, was die Entsorgungskosten erheblich reduziert. Die Nachbarn müssen sich allerdings auf Geruchsbelästigungen gefasst machen. Denn scheint die Sonne, riecht's auch mehr wegen der Dampfbildung. Und dann auch jedesmal, wenn der Bagger anrückt und der Schlamm mit Sauerstoff in Berührung kommt. Ergo: Die künftigen Grillabende wollen fein geplant sein!

Artikel vom 08.04.2006