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Kölner Haudegen umjubelt

»BAP« beenden furios ihre Frühjahrstour im Ringlokschuppen

Von René Gast
Bielefeld (WB). Ob man sie nun liebt oder nicht - »BAP« sind ein Phänomen. Fernab aller Trends zieht die Band ihre Kreise, und ist so ganz nebenbei zu einer Institution geworden. Die intime Atmosphäre im Bielefelder Lokschuppen belegte auf eindrucksvolle Weise, wie es dazu kommen konnte.

Das mit dem »Kölsch« ist ja so eine Sache: Entweder man liebt seine Authentizität, oder es schmerzt einem in den Ohren. Ganz ähnliche Perspektiven lassen sich auch bei der Parade-Band des Dialekts beobachten. Folgerichtig sucht man nach Parallelen zwischen diesen beiden Sprachformen. Die entscheidene liegt wohl in der Verbundenheit, die sich als roter Faden durch dieses soziokulturelle Geflecht aus Musik und Sprache schlängelt.
Das Publikum erwartet von »BAP« nichts wirklich Neues mehr; Innovation war ohnehin zu keinem Zeitpunkt in dem nun drei Dekaden andauernden Bestehen der Band ein Motiv, Fan oder Liebhaber der Kölner zu sein. Es sind vielmehr die kleinen Geschichten, die Wolfgang Niedecken in den Liedern - und an einem langen Konzertabend gerne auch mal dazwischen - erzählt. Vielleicht ist es ja auch das »Quäntchen Bob Dylan«, das irgendwo in der »BAP«-Musik zu finden ist.
Da Frage nach der Textsicherheit Wolfgang Niedeckens war an diesem Abend rein rhetorischer Natur; Band und Publikum kennen sich schließlich in- und auswendig, was die herzliche Kommunikation und Stimmung im prall gefüllten Ringlokschuppen zeigte. Auch die kleine Unterrichtsstunde in Sachen Dialektologie hatte wohl für die wenigsten einen noch offensichtlichen Lerneffekt: »In Kölsch gibt es kein ÝgÜ, das ist die erste Grundregel.«
Der ebenso vorhersehbare wie lang andauernde Abend des letzten Konzerts der »Greatest Hits«-Frühjahrstour war genau nach dem Geschmack der Menge. Zu den obligatorischen Hits wie »Aff un zo« und »Verdamp lang her« polterten Gitarre und Bass im gewohnten »BAP«-Rhythmus, während Niedeckens Mundharmonika ihren altbekannten Charme versprühte. Letzteres ist ohnehin das Instrument, das die Parallelen zu Bob Dylans »Disere«, das das Sprachrohr der deutschen Band damals so sehr beeindruckte, deutlich manifestiert. Ein Mythos hingegen ist es freilich, dass der Einfluss auch umgekeht von »BAP« auf die Welt-Ikone des Folkrock gewirkt haben soll.
Es war sicherlich ein typischer Abend inniger Vertrautheit und der tiefsten Verbundenheit zwischen Band und Publikum, die für Außenstehende oder Nichtfans schwer nachvollziehbar ist. Nichtsdestoweniger stehen »BAP« für ein gutes Stück deutschen Kulturguts, das die fünf Musiker in über dreißig Jahren geschaffen haben. Ihre erdige Rockmusik, die manchem wie in Stein gemeißelt erscheinen mag, hatte an diesem Abend auf das Publikum eine ungemein erfrischende Wirkung, die sich ebenso im regen Applaus wie in den beinahe kindlich leuchtenden Augen des Bielefelder Publikums zeigte.

Artikel vom 08.04.2006