18.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hamburger Titel-Töne

Duisburg »plant« nach dem 0:2 schon für Liga 2

Duisburg (dpa). Ein großer Schritt Richtung »Königsklasse« ist gemacht, doch insgeheim träumt der Hamburger SV weiter von der ersten Meister-Krönung seit 23 Jahren.

»Ich habe dauernd auf Schalke und Bremen geschaut, aber auch mit einem Auge nach München«, sagte Hamburgs Clubchef Bernd Hoffmann nach dem 2:0-Sieg bei Schlusslicht MSV Duisburg. Angesichts der Patzer der Rivalen Werder Bremen und FC Schalke 04, die bereits fünf (Bremen) und elf (Schalke) Punkte hinter dem Tabellenzweiten zurückliegen, halten die Hamburger im Rennen um die direkte Champions-League-Qualifikation alle Trümpfe in ihren Händen.
»Es ist immer angenehm, wenn man nach hinten etwas Luft hat«, meinte Verteidiger Khalid Boulahrouz. Doch bei nur vier Zählern Rückstand auf Tabellenführer Bayern München ist der Blick auch nach ganz vorn gerichtet. »Auf jeden Fall können die Bayern nochmal schwächeln. Wenn wir unsere vier Spiele gewinnen, dann werden wir Meister«, eröffnete David Jarolim das verbale Fernduell im Titelkampf.
HSV-Trainer Thomas Doll wollte sich den forschen Tönen seiner Profis partout nicht anschließen. Er blieb nach dem souveränen Erfolg in Duisburg, für den MSV-Verteidiger Uwe Möhrle (24.) per Eigentor und Ailton (30.) sorgten, gewohnt gelassen. »Wir sollten nicht anfangen zu rechnen und auf Ausrutscher von München hoffen«, sagte Doll, dessen Team mit dem zehnten Auswärtssieg der Saison einen Vereinsrekord in der 43-jährigen Liga-Geschichte aufstellte.
Gegen harmlose Duisburger agierte der HSV im Stile einer Spitzenmannschaft: Hinten stand bei der besten Defensive der Liga zum 14. Mal die Null, vorne wurden die wenigen Chancen konsequent genutzt. Mit seinem dritten Saisontor empfahl sich Ailton für eine Weiterbeschäftigung. Den von Besiktas Istanbul ausgeliehenen brasilianischen Exzentriker können die Hanseaten im Sommer für 1,75 Millionen Euro verpflichten. »Toni hat Riesenchancen, bei uns auch nächste Saison dabei zu sein. Er setzt immer wieder Zeichen«, sagte Doll und kündigte baldige Verhandlungen an.
In Duisburg gehen dagegen langsam die Lichter aus. Mit einem Rückstand von sieben Punkten auf den rettenden 15. Platz taumelt der MSV unaufhaltsam der 2. Liga entgegen. Vor dem »Endspiel« beim 1. FC Köln ist der Glaube an den Klassenverbleib nahezu erloschen. »Wir sind nicht so vermessen und sagen, dass wir die Liga aufmischen und vier Mal hintereinander gewinnen«, sagte Unglücksrabe Möhrle.
Welcher Trainer im Abstiegsfall die direkte Rückkehr in die Eliteliga bewerkstelligen soll, will Clubchef Walter Hellmich in den »kommenden drei Wochen» entscheiden. Ein dauerhaftes Engagement des Interimscoaches Heiko Scholz schließt Hellmich nicht aus: »Er gehört zu den Kandidaten.«

Artikel vom 18.04.2006