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Auf Du und Du mit Mutter Natur

WESTFALEN-BLATT-Serie - Folge 2: Kristina Ruhe absolviert Freiwilliges Ökologisches Jahr

Von Malte Samtenschnieder (Text und Foto)
Senne (WB). »Für naturverbundene Jugendliche, die nach der Schule nicht wissen, wie es beruflich weitergehen soll, ist die Arbeit hier genau das Richtige«, sagt Kristina Ruhe. Seit August 2005 absolviert die 21-Jährige ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld. Wie alle, die das WESTFALEN-BLATT in seiner Serie über junge Menschen aus dem Bielefelder Süden vorstellt, ist sie: »Ganz schön auf Zack«.

»Nach dem Abitur vor zwei Jahren habe ich mich zunächst mit Aushilfsjobs und Praktika über Wasser gehalten«, erzählt Kristina Ruhe. Bei mehr als 30 Zoos überall in Deutschland habe sie sich um eine Ausbildung zur Tierpflegerin beworben. Vergeblich. »Alles, was dabei heraus kam, waren ein paar erfolglose Vorstellungsgespräche.« Doch die junge Frau gab nicht auf. Eine Freundin ermutigte sie schließlich, nach einer Stelle für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zu suchen, um dabei neue Erfahrungen und Zeit für die Lehrstellensuche zu gewinnen.
Auf die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld ist sie dann im Internet gestoßen. Auch bei einer Robbenstation an der Nordsee habe sie sich beworben. Das sei aber von vornherein utopisch gewesen, da dann zusätzliche Kosten für eine Unterkunft angefallen wären. Anders beim Angebot in Senne, das es ihr ermöglichte, weiterhin in Harsewinkel zu wohnen.
»Im Spätsommer hatte ich zunächst viel mit Naturpädagogik zu tun«, beginnt die 21-Jährige eine Beschreibung ihrer vielfältigen Aufgaben. Als »Mädchen für alles« habe sie Kinder- und Jugendgruppen während des Aufenthalts in der Bio-Station betreut. Im Herbst hätten dann Freischneidearbeiten in diversen Bielefelder und Gütersloher Naturschutzgebieten angestanden. Doch nicht nur am Grasschneiden mit der Motorsense habe sie Gefallen gefunden. »Ein weiterer Höhepunkt war die Prüfung zum Motorsägenführerschein.« Beim Fällen von Bäumen lasse sie zwar meist den Jungs den Vortritt, aber beim Zersägen der Stämme helfe sie gerne mit.
»Im Moment gehört die Betreuung der Lämmer zu meinen Hauptaufgaben«, so Kristina Ruhe. Bei insgesamt 50 Mutterschafen gebe es täglich Neugeborene. Nicht nur für die Versorgung mit Wasser und Futter sei sie dabei zuständig. Vielmehr müsse sie auch darauf achten, ob alle Schafmamas ihren Nachwuchs annähmen. »Sorgenkinder müssen nämlich mit der Flasche aufgepäppelt werden.«
Ihre Mittwochnachmittage verbringt Kristina Ruhe in der Bahnhofschule. Bei kurzen Exkursionen, Bastelaktionen und Experimenten bringt sie den Kindern dort im Rahmen der Offenen Ganztagsschule gemeinsam mit anderen Bio-Stations-Mitarbeitern Fauna und Flora näher. Zudem sind fünf einwöchige Seminare zu Themen wie Forst- und Landwirtschaft oder Tierpflege feste Bestandteile ihres Freiwilligen Ökologischen Jahres.
Obwohl manche Freunde, wie sie erzählt, skeptisch die Augenbrauen hochziehen, wenn sie von ihrer Arbeit erzählt, möchte Kristina Ruhe die Zeit nicht missen, die ihr schon reichlich Gelegenheit gab, ihre Berufswahl neu zu überdenken. »Inzwischen habe ich mich als Tierarzthelferin und Biologisch-Technische Assistentin beworben. Da stehen meine Chancen gar nicht so schlecht.«
Lesen Sie in der dritten Folge in der kommenden Woche, welche Vorteile der Führerschein ab 17 für Nicole Bender, Annika Rathnau und Alexander Reker aus Brackwede mit sich bringt.

Artikel vom 08.04.2006