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Die Masern breiten sich weltweit aus

Impfrate in Deutschland schlecht

Von Wolfgang Schäffer
Düsseldorf/Genf (WB). Masern werden weltweit wieder zu einer ernsten Gesundheitsgefahr. Die Weltgesundheitsorganiation (WHO) sieht Deutschland, Großbritannien und die Niederlande wegen ungenügender Impfungen als Problemfälle.

Die teilweise deutlich zu geringen Impfquoten in den genannten Ländern führten immer wieder zu massiven Ausbrüchen der hoch ansteckenden Krankheit, sagte Dr. Mick Mulders vom WHO-Regionalbüro Kopenhagen am Freitag dieser Zeitung. Statt der für einen ausreichenden Masernschutz notwendigen Impfrate von 95 Prozent würden in Großbritannien beispielsweise nicht einmal 85 Prozent erreicht. In den Niederlanden komme es immer wieder innerhalb einer bestimmten religiösen Gruppe zu heftigen Ausbrüchen der Virus-Erkrankung. Die Personengruppe lehne Impfungen grundsätzlich ab.
In Deutschland (Impfrate 93,3 Prozent) gebe es bei der Vorbeugung regional erhebliche Unterschiede, wie der jetzige Ausbruch an Rhein und Ruhr mit mehr als 400 Fällen zeige. Betroffen hier, wie derzeit auch in England und Wales, sind Jugendliche, bei denen die Krankheit häufig viel schwerer verläuft (Hirnhaut- und Lungenentzündung sind möglich) als bei Kleinkindern.
Gleichwohl zählen Jugendliche zu einer Altersgruppe mit großer Reiselust. Und Reisen trägt nach den Erkenntnissen von Mick Mulders erheblich zur weltweiten Verbreitung der Masern bei. So seien die 18 nachgewiesenen Erkrankungen im Großraum Kopenhagen auf eine einzige infizierte Kontaktperson zurückzuführen.
Diese epidemiologischen Verbindungen hat auch das Centrum für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf ausgemacht. »Masernausbrüche in beliebten Reiseregionen nehmen zu«, warnt Tropenmediziner und Internist Dr. Burkhard Rieke und weist darauf hin, dass es vor dem Ausbruch in Dänemark zweieinhalb Jahre lang keine Maserninfektionen gegeben habe.
Noch gravierender sei das Beispiel Venezuela. Innerhalb kürzester Zeit wurden hier 20 Masernfälle bekannt. Als Virus-Herd wurde ein nicht geimpfter 33-jähriger Pilot ausgemacht, der sich in Spanien angesteckt hatte. Dorthin wiederum war die Krankheit nach den Erkenntnissen der Fachleute aus England gekommen. Ein ungeimpfter Jugendlicher hatte das Virus nach Madrid eingeschleppt.
Sowohl Rieke als auch Mulders werben nachdrücklich für die Schutzimpfung. Die Maßnahme gelte als zuverlässig und gut verträglich. Zehn Tage nach der Injektion, im Idealfall bei etwa einjährigen Kindern, beginne die Schutzwirkung. Um einen lebenslangen Immunschutz sicherzustellen empfiehlt das Robert-Koch-Institut prinzipiell eine zweite Impfung noch im Kindesalter.
Wie wichtig dieser Schutz ist, machen zwei Zahlen deutlich. So starben 2003 weltweit 657 000 Menschen an Masern. Die meisten Opfer gab es dabei aufgrund von schlechter Ernährung und zusätzlichen anderen Infektionen in Afrika. Allein in Europa aber wurden 2500 Maserntote gezählt. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 08.04.2006