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Taxibetreiber stolpert
über seine Buchführung

Staat und Versicherung betrogen - Zoll zieht Bilanz

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Im Kampf gegen Schwarzarbeit erzielt das Hauptzollamt Bielefeld Erfolge. Dank der Kontrollen der 152 Mitarbeiter hat sich die Summe der verhängten Geldstrafen 2005 gegenüber dem Vorjahr auf 888 000 Euro fast verdoppelt.

Die Männer und Frauen an den vier Standorten Bielefeld, Herford, Paderborn und Hamm überprüften 10 342 Personen. Dabei stießen sie auch auf einen Kalender, in dem ein Taxi-Unternehmer seine kriminelle Lohnbuchführung protokolliert hatte. Er hatte seine Mitarbeiter entlassen, dann aber als geringfügig Beschäftigte wieder eingestellt. Trotzdem ließ er sie Vollzeit arbeiten und widerrechtlich Leistungen vom Arbeitsamt beziehen. Das Hauptzollamt konnte dem Mann nachweisen, dass er die Sozialversicherung um 165 000 und den Fiskus um 133 000 Euro geschädigt hatte.
»Das ist ein typischer Fall«, sagte gestern die Leiterin der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), Irmgard Schonemeyer-Hüttemann. Durch Schwarzarbeit entstand 2005 ein Schaden von mindestens 22,4 Millionen Euro. Weil mehr Fälle aufgedeckt wurden, stieg gleichzeitig die Summe der Bußgelder um 36 Prozent auf 1,13 Millionen Euro. Aus den Kontrollen ergaben sich Freiheitsstrafen von zusammengerechnet 65 Jahren.
Schwarz über die Grenze werden nach wie vor Millionen Zigaretten gebracht. »Der Hang zum Schmuggel ist ungebrochen«, berichtete der Leiter der Zentralen Steuerzeichenstelle in Bünde, Klaus Jakomeit. Die zwei Mobilen Kontrollgruppen (MKG) des Hauptzollamtes Bielefeld beschlagnahmten vor allem an der als »Warschauer Allee« berüchtigten A2 insgesamt 12,4 Millionen Zigaretten, gut 3 Millionen mehr als im Vorjahr. Durch Schmuggel entgingen dem Fiskus Einnahmen von 2,5 Millionen Euro. Bundesweit spülte die Tabaksteuer 14 Milliarden Euro in die Staatskasse. Jakomeit rechnet vor: Bei einem Päckchenpreis von 3,80 Euro für 17 Zigaretten werde jeder Glimmstengel mit fast 14 Cent besteuert. Der Absatz gehe zurück: Während 2004 noch 114 Milliarden legale Zigaretten abgesetzt wurden, seien es ein Jahr später nur noch 97 Milliarden gewesen.
Das Hauptzollamt Bielefeld ist zuständig für Ostwestfalen-Lippe sowie Teile des Münsterlandes und des Sauerlandes. Die Mitarbeiter betätigen sich immer häufiger als Geldeintreiber für Krankenkassen und Berufsgenossenschaften. Die Zahl der Fälle, in denen ausstehende Beiträge eingefordert wurden, stieg um 15 Prozent auf 90 000. Hinzu kamen 31 000 Angelegenheiten, bei denen die Arbeitsagenturen zuviel gezahlte Leistungen wie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Kindergeld zurück verlangten und der Bund auf der Bezahlung von Zöllen und Verbrauchssteuern bestand. Die Zahl der Vollstreckungsfälle stieg damit gegenüber 2004 dramatisch um 60 Prozent an. »Auch immer mehr Freiberufler wie Ärzte und Rechtsanwälte trifft es«, sagte der Sachgebietsleiter Prüfungsdienst, Dittmar Klaus. Die angespannte Wirtschaftslage sorge zunehmend für säumige Schuldner.

Artikel vom 07.04.2006