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Tanja Schuh (re.) und Petra Krasa mit Pastor Armin Piepenbrink-Rademacher.

Verantwortung vor der Schöpfung

»20 Jahre Tschernobyl«: Gedenken mit Benefizabend zugunsten der Kinder

Bielefeld (WB/mzh). Vor 20 Jahren kollabierte der Reaktor von Tschernobyl, und nicht zuletzt weil die Atomenergie derzeit wieder einflussreiche Fürsprecher findet, erinnert man in Bielefeld an die Katastrophe, die Tausende das Leben kostete.

Den Kindern, die am 26. April 1986 schwerstgeschädigt wurden - heute sind sie junge Erwachsene -, und deren ebenfalls belasteten Kindern soll mit einer Benefizveranstaltung am Mittwoch, 26. April, geholfen werden. Die Deutsch-Ukrainische Gesellschaft und die von Pastor Armin Piepenbrink-Rademacher mit Leben erfüllte »Stadt-Kirchen-Arbeit« laden um 20 Uhr in die Altstädter Nicolaikirche ein; der Erlös des Abends geht an die Stiftung »Kinder von Tschernobyl«.
Die Minsker Journalistin Swetlana Alexijewitsch hat ein ergreifendes Buch geschrieben (»Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft«), in dem die Opfer und ihre Angehörigen zu Wort kommen - aus diesen Interviews, Gesprächen und Aufzeichnungen lesen die Schauspieler Ines Buchmann und Mathias Reiter vom Ensemble des Bielefelder Theaters. Christoph Grohmann (Rheda-Wiedenbrück) improvisiert dazu an der Orgel.
Der Benefizabend steht unter der Schirmherrschaft von Superintendentin Regine Burg und der Botschaft der Ukraine. Der Eintritt ist frei, aber es wird um eine Spende gebeten - als Hilfe zur Selbsthilfe: Von dem Geld werden medizinische Geräte gekauft und in die Krankenhäuser rund um das Katastrophengebiet verliehen. Das Klinikpersonal dort lässt sich im Umgang mit den Apparaten unterweisen, und falls eine Prüfung nach zwei Jahren positive Auswirkungen der Spezialschulung erbringt, verbleibt die Technik im jeweiligen Krankenhaus.
Tanja Schuh und Petra Krasa, die 1. und die 2. Vorsitzende der Ende 2005 in Bielefeld gegründeten Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft, freuten sich gestern bei der Vorstellung des Benefizabends, dass es gelungen ist, zahlreiche Kooperationspartner - darunter auch die Universität - zu gewinnen. »Die Halbwertszeit des im Tschernobyl-Reaktor freigesetzten Plutoniums 239 beträgt 24 110 Jahre - nach 24 110 Jahren also ist die Hälfte der Masse des radioaktiven Schwermetall zerfallen«, sagte Petra Krasa, um deutlich zu machen, dass die Katastrophe von vor 20 Jahren mitnichten ein abgeschlossenes Kapitel sei.
»Wir wollen zeigen, dass der Mensch Verantwortung für Gottes Schöpfung trägt«, sagte Tanja Schuh. Dies werde besonders augenfällig in einer großen Ausstellung mit Fotos des weltweit bekannten Bildjournalisten Igor Kostin, die am Montag, 24. April, 19.30 Uhr, in der Altstädter Nicolaikirche eröffnet wird. Sie ist bis zum 6. Mai zu sehen, montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr, sonntags von 10 bis 12 Uhr und nach Vereinbarung. Auch Kostins beeindruckende Zeugnisse gibt es in Buchform (»Tschernobyl. Nahaufnahme«) - unter anderem ist der Band bei der DUG erhältlich.
Pastor Piepenbrink-Rademacher hält es für wichtig, »den Kirchenraum zu Themen wie Tschernobyl sprechen zu lassen, ohne dass die Organisation Kirche im Vordergrund steht.« Der oftmals problematische Umgang des Menschen mit der Natur sei Bestandteil der Initiative »Stadt-Kirchen-Arbeit«. - Weitere Veranstaltung, zum Teil mit anderen Koop-Partnern, sind geplant.

Artikel vom 08.04.2006