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Eine Stadt trägt Schwarz-Gelb

Nach 36 Jahren: Aachen ist wieder oben - Ostwestfalen halfen beim Aufstieg

Aachen (WB/dpa). Eine Stadt steht Kopf und feiert ihre Aufstiegs-Helden: 36 Jahre nach dem Abstieg kehrt der Traditionsverein Alemannia Aachen auf die große Bühne des deutschen Fußballs zurück.

»Das ist fantastisch, das ist das Größte, das ist einfach super. Jetzt können wir uns endlich wieder mit den Größten messen. Wir freuen uns wie wild«, brach es aus Vereinspräsident Horst Heinrichs im Gefühlsüberschwang heraus: »Nach 36 Jahren Finsternis stehen wir jetzt wieder im Licht.«
36 Jahre Unterklassigkeit, der Absturz in die Oberliga Nordrhein 1990, eine Verschuldung bis kurz vor der Insolvenz - mit der vorzeitigen Rückkehr in die Bundesliga ist die bewegte Alemannia-Vergangenheit bewältigt. Spontan feierten die Menschen in der Innenstadt, mit schwarz-gelben Schals geschmückte Autos fuhren durch die Straßen, Fans machten das Zentrum zur Party-Meile: »Nie mehr zweite Liga.«
Die Väter des Aachener Aufstiegs, Trainer Dieter Hecking und Sportdirektor Jörg Schmadtke, waren wie alle aus dem Häuschen. »Ich freue mich wahnsinnig«, sagte Hecking. Und Schmadtke wollte es »nur noch krachen lassen, es wird getanzt und gesungen«. Und am Abend, beim Duell gegen den VfL Bochum, da bebte der Tivoli.
Den großen Traum hatten sie schon am Ostersonntag wahr werden sehen, beim gemeinsamen Fernsehschauen bejubelten die Alemannia-Profis Sascha Rösler, Jan Schlaudraff, Alexander Klitzpera, Laurentiu Reghecampf, Stephan Straub, Thomas Stehle und Marius Ebbers im Café »Madrid« das alles entscheidende 1:0 von Saarbrücken gegen Fürth - Aachen war wieder oben.
»Das ist der geilste Aufstieg, fünf Spieltage vor Schluss, das ist Wahnsinn«, jubelte Torjäger Ebbers, während sich die Kneipe in einen Karnevalssaal verwandelte und Hunderte von Fans ihre Helden hochleben ließen.
»Wir sind froh, dass wir gemeinsam dieses Ziel erreicht haben«, sagte Ebbers' Sturmpartner Schlaudraff. Immer wieder waren Zweifel aufgekommen, nachdem die geplante Erstliga-Rückkehr in den vergangenen drei Jahren kurz vor Schluss gescheitert war.
Am bittersten war es 2004, als die Alemannia am letzten Zweitliga-Spieltag mit 0:1 in Karlsruhe verlor, den Aufstieg verschenkte und der zweite Platz im DFB-Pokal auch kein Trost war.
Doch das war zugleich der Neubeginn. Trainer Jörg Berger ging, Dieter Hecking kam. Und mit ihm der Aufschwung. Im UEFA-Cup machten die Aachener als »Underdog« in Europa von sich reden und schieden erst in der dritten Runde knapp gegen AZ Alkmaar aus. Doch mit der Teilnahme am Europapokal ging die finanzielle Gesundung des einst fast zahlungsunfähigen Clubs einher, der heute laut Vereinschef Heinrichs »absolut schuldenfrei« dasteht und dem Abenteuer Bundesliga mit Gelassenheit entgegenblickt.
Ostwestfalen und Profis, die schon mal in Ostwestfalen kickten, sie gehören zum umjubelten Aufstiegs-Aufgebot. An der Spitze Trainer Hecking, der einst für den 1. FC Paderborn kickte. Alexander Klitzpera und Bernd Rauw trugen schon das Trikot von Arminia Bielefeld. Reiner Plaßhenrich ist über den BSV Hövelriege-Liemke, FC Stukenbrock, SC Verl und SC Paderborn im Oberhaus angekommen. Und dann natürlich der Zweitliga-Dauerbrenner Willi Landgraf, früher FC Gütersloh: er schaffte mit Aachen doch noch das große Ziel - die erste Liga.

Artikel vom 18.04.2006