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Slomka musste
in der Pause
laut werden

Schalker Trainer gar nicht »nett«

Von Jens Brinkmeier
Gelsenkirchen (WB). In der Veltins-Arena hat es am Donnerstag gekracht: Schalkes Trainer Mirko Slomka war mit dem Spiel seiner Mannschaft gegen Levski Sofia in der ersten Halbzeit derart unzufrieden, dass er in der Pause »deutliche Worte gefunden« hat. Sogar eine Taktik-Tafel hatte der »nette Herr Slomka« umgeschmissen. »Wir waren nah dran, die ÝDeppen der NationÜ zu werden, deshalb musste ich eingreifen«, erklärte der S04-Trainer.

0:1 lagen die Gastgeber nach 45 schwachen Minuten zurück und es drohte nach dem 3:1-Sieg im Hinspiel eine Blamage gegen die Bulgaren, deren lautstarke Fans schon auf eine Sensation hofften. Am Ende reichte es noch zum 1:1 für »Königsblau«. Wie es aussieht, wenn Slomka derart aus sich heraus geht, »kann ich nicht beschreiben«, sagte der Coach auf der Pressekonferenz. Seine Spieler jedenfalls lobten ihren Übungsleiter unisono für seine Ansprache. »Danach lief es ja auch besser«, meinte Stürmer Kevin Kuranyi.
Der Nationalspieler fand es auch normal, dass sich die Schalker Spieler nach dem Treffer zum 0:1 durch Emil Angelow, bei dem Levan Kobiashvili auf der linken Seite von Vorbereiter Valeri Domowtschijski ausgetanzt wurde, gegenseitig angifteten. »So ein Tor darf nicht passieren. Einige dachten wohl, es würde ein einfaches Spiel«, sagte Kuranyi, der den Ausgleich von Lincoln (59.) mit der Hacke vorbereitet hatte. Abwehrchef Marcelo Bordon stimmte dem Angreifer zu: »Das kann positiv sein, wenn sich die Spieler auf dem Platz anmachen. Nach der Partie ist das vergessen.« Gerald Asamoah und Bordon hatten Lincoln »ins Gebet« genommen.
Dass gerade Lincoln den wichtigen Schalker Treffer markierte, passte zum lethargischen Auftritt der Schalker. Der Spielmacher hatte eine miserable erste Halbzeit gespielt, und auch nach dem Tor wurde es kaum besser. Mirko Slomka beschrieb es so: »Lincoln hat im ersten Durchgang einige Zweikämpfe ausgelassen. Später wurde es besser, und es freut mich für ihn, dass er das 1:1 geschossen hat.« Dem Treffer gingen ein Einwurf von Kobiashvili und gewonnene Zweikämpfe von Sören Larsen und Kuranyi voraus. »Die Zweikämpfe in der zweiten Hälfte besser anzunehmen, war der Schlüssel zum Erfolg«, erklärte der Coach. Asamoah, bester Schalker, wollte am liebsten den Mantel des Schweigens über die 90 Minuten decken: »Wir sollten das Spiel schnell vergessen. So eine Leistung darf nicht passieren. Zum Glück haben wir noch das 1:1 gemacht.« Am Ende stand die Schalker Freude, zum ersten Mal seit dem Triumph der »Eurofighter« am 21. Mai 1997 das Halbfinale des UEFA-Pokals erreicht zu haben. Dort wartet der spanische Tabellenfünfte FC Sevilla, der Zenit St. Petersburg auschaltete.
»Über Sevilla kann ich nicht viel sagen, denn es wäre arrogant gewesen, sich vor dem Erfolg über Sofia schon intensiv mit dem nächsten Gegner zu befassen. Wir haben sie beobachtet, und ich werde mich in Kürze mit Chefscout Uwe Scherr zusammen setzen«, erklärte Mirko Slomka. Am 20. April haben die Schalker zunächst Heimrecht, das Rückspiel findet eine Woche später statt. »Davor gibt es noch wichtige Bundesligaspiele für uns«, lenkte der S04-Coach den Blick in Richtung Duisburg. Beim MSV müssen die »Knappen« an diesem Sonntag antreten.
»Drei Punkte dort wären sehr wichtig für uns«, sagte Marcelo Bordon. Zumal die Schalker vier Punkte hinter Champions-League-Platz drei liegen und sich einen Ausrutscher beim Vorletzten nicht erlauben dürfen. Ob sich der Trainerwechsel von Jürgen Kohler zu Heiko Scholz beim Gegner positiv auswirkt, wollte Slomka nicht beurteilen. »Das kann einen Schub geben«, meinte der Coach. Scholz und Slomka haben gemeinsam den Fußball-Lehrer-Schein gemacht und kennen sich gut.
»Wir werden trotz der Sperren von Rafinha, Kobiashvili und Fabian Ernst am Sonntag ein sehr gutes Team stellen und haben die Chance, dieses Spiel zu gewinnen«, ist Mirko Slomka überzeugt. Auf jeden Fall ist dafür aber eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber der schwachen UEFA-Pokal-Partie vonnöten.

Artikel vom 08.04.2006