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Grundgesetz der Realität anpassen

Unionspolitiker wollen klare Grundlagen für Bundeswehreinsätze

Von Reinhard Brockmann
Berlin (WB). Mehr Klarheit über die Aufgaben der Bundeswehr laut Grundgesetz und den in der Realität längst »erweiterten Sicherheitsbegriff« wollen Verteidigungspolitker der Union.

Minister Franz Josef Jung (CDU) untestützt den Ruf nach einer Grundgesetzänderung. Wie aus einer anderen Zeit liest sich heute der Artikel 87a im Grundgesetz, mit dem in Zeiten der Blockkonfrontation die Aufgaben von Luftwaffe, Heer und Marine beschrieben wurden. Bis heute fehlten klare verfassungsrechtliche Grundlagen für Einsätze der Bundeswehr im In- und Ausland.
Zwischen Kongo-Engagement und Artikel 87a lägen Welten, heißt es. Alle Auslandseinsätze vom Kosovo, über Afghanistan bis Dschibuti sind abgesichert durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994.
Nach der Aufhebung des Luftsicherheitsgesetzes will die Politik wissen: Wann liegt Nothilfe vor, wann der Bündnisfall wie nach den Anschlägen vom 11. September oder wann sogar der Verteidigungsfall?
Weder bei einem terroristischen Angriff aus der Luft noch bei einer Geiselnahme auf See könne die Polizei mit ihrer Ausrüstung wirklich etwas ausrichten, sagt der heimische Verteidigungsexperte Jürgen Herrmann (CDU). Der gelernte Polizeibeamte sieht zwar Militär und Polizei strickt getrennt, erkennt aber: »Die Grenzen zwischen Einsatz im Innern und im Ausland sind verwischt.«
»Friedensmissionen im Ausland und Terrorismus erfordern eine Klarstellung«, sagt der Politiker aus Brakel (Kreis Höxter) weiter. »Ich sehe, dass sich der Verteidigungsminister auch einem Bundeswehreinsatz zum Schutz vor terroristischen Angriffen innerhalb Deutschlands öffnet und begrüße dies.« Seine Fraktion sei bereits vor der Verabschiedung des Luftsicherheitsgesetzes dafür eingetreten, eine verfassungsrechtliche Grundlage zu schaffen. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil im Februar »befinden wir uns rechtlich in einem Vakuum«.
In dem bis Sommer erwarteten neuen Weißbuch der Bundeswehr soll auch der Sicherheitsbegriff heutigen Realitäten angepasst werden. Die letzte Aufgabenbeschreibung der Truppe war 1994 vorgelegt worden.

Artikel vom 07.04.2006