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Vier Fragen an . . .

Polizeimeister Alper Yesilyurt

Er spricht deutsch und türkisch, ist Moslem, Polizist in Bielefeld und seit kurzem deutscher Staatsbürger: Alper Yesilyurt (24; Foto) gilt als Glücksfall für die Ordnungshüter. Der türkischstämmige Polizeimeister arbeitet beim Staatsschutz als »Kontaktbeamter moslemische Institutionen«. Dass ein gebürtiger Türke und deutscher Polizist auf islamische Gemeinden und Vereine zugeht, gilt in NRW als einzigartig. Mit Yesilyurt sprach WB-Redakteur Jens Heinze über seine Aufgaben.

Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt gegen Extremisten aller Nationen sowie linke und rechte Gewalttäter. Für was ist ein »Kontaktbeamter moslemische Institutionen« zuständig?Yesilyurt: Bei der Polizei wirke ich nach innen und nach außen. Als Beamter halte ich Kontakt zu den wichtigen gemäßigten islamischen Institutionen und Einrichtungen nicht nur in Bielefeld, sondern in ganz Ostwestfalen-Lippe, und versuche, Vertrauen zwischen Moslems und der Polizei aufzubauen. Gleichzeitig bin ich Multiplikator im Polizeipräsidium Bielefeld und vermittle meinen deutschen Kollegen Wissen und Hintergründe über den Islam.

Wie reagieren die in der Region lebenden Türken darauf, wenn sie von einem deutschen Polizisten plötzlich in ihrer Muttersprache angesprochen werden?Yesilyurt: Wenn ich bei Moscheen und Vereinen anklopfe, wundert man sich zunächst. Man wundert sich positiv, dass da ein Landsmann steht. Die Reaktionen sind überwiegend wohlwollend. Ich trete ja nicht als Undercoveragent auf, sondern gebe mich als Polizist zu erkennen und hinterlasse meine Visitenkarte.

Aber Sie schauen in Moscheen und Vereinsheimen ja nicht nur vorbei, um mit netten Menschen ein Gläschen Tee zu trinken?Yesilyurt: Ich gehe prinzipiell nur zu islamischen Gemeinden und Vereinen, die als gemäßigt gelten und weder vom Verfassungsschutz noch von anderen polizeilichen Organisationen beobachtet werden. Ich habe Flugblätter in arabischer, türkischer und deutscher Sprache dabei, auf denen steht, dass die Polizei um Mithilfe bei der Fahndung nach Extremisten bittet.

Seit knapp einem Jahr sind Sie für den Staatsschutz als Kontaktbeamter tätig, ihre Stelle ist gerade um ein weiteres Jahr verlängert worden. Welches Fazit können Sie bezüglich ihrer Arbeit ziehen?Yesilyurt: Als gebürtiger Türke habe ich natürlich einen ganz anderen Zugang zu den Menschen in den Moscheen und Vereinen. Aber Christen und Moslems wissen noch sehr wenig voneinander; die Aufklärung über den Islam ist in Deutschland über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt worden. Ich erkläre meinen deutschen Kollegen beispielsweise, warum sich Moslems vor dem Gebet waschen, warum sie kein Schweinefleisch essen und wer der Prophet Mohammed war. Wenn ich Vorurteile auf beiden Seiten abbauen kann, dann gibt es auch mehr Respekt füreinander.

Artikel vom 07.04.2006