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Das Mädchen soll auch
ein Gesicht erhalten

Leiche aus dem Uchter Moor ist 2700 Jahre alt

Hamburg (dpa). Das Mädchen »Moora« wurde nur 15 Jahre alt. Im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) untersuchen 25 Mitarbeiter wie sie starb, wie sie lebte.
Klaus Püschel mit einer Rekonstruktion.Foto: dpa

Aber keiner der Experten weiß, wie ihre »Patientin« aussah, denn »Moora« ist schon seit fast 2700 Jahren tot. »Es ist die älteste Moorleiche Niedersachsens«, erklärt der Archäologe Henning Haßmann vom Landesamt für Denkmalpflege in Hannover. Mit der »unglaublich gut erhaltenen Leiche« aus dem Uchter Moor bei Nienburg sei eine »Zeitkapsel« ausgegraben worden. Da in der vorrömischen Eisenzeit Feuerbestattungen üblich waren, biete der Fund die Chance zu einem einzigartigen Blick in die Zeit um 650 vor Christus. »Moora« ist wichtig, um diese Zeit zu verstehen.«
Als vor Jahren Knochen und eine schmale, verkrampfte Kinderhand beim Torfabbau entdeckt werden, glauben alle an ein Verbrechen. Die Kripo ermittelt. Die Staatsanwaltschaft beauftragt die Hamburger Rechtsmediziner zu untersuchen, ob es sich bei der Toten um eine seit etwa 30 Jahren in der Gegend vermisste 16-Jährige handelt. Professor Klaus Püschel erlebt nach eigenen Worten einen »echten Reinfall« für sein Institut für Rechtmedizin am UKE, denn »erst nach fünf Jahren wussten wir, dass bei uns im Leichenkeller ungewöhnliche Gebeine liegen«.
Kaum ist klar, was für ein historischer Schatz gefunden wurde, beginnt vor einigen Monaten die genaue Untersuchung der laut Haßmann »am besten dokumentierten Moorleiche« Deutschlands.
Noch wissen die Wissenschaftler nicht, wie »Moora« zu Tode gekommen ist. Vielleicht hat sich das Mädchen einfach im Moor verirrt, vielleicht wurde sie in einem grausamen Ritus geopfert. Nach der Rekonstruktion des gesamten Skeletts will man »Moora« auch ein Gesicht geben.

Artikel vom 05.04.2006