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Tarifkonflikt verschärft sich

IG Metall lehnt Angebot der Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen ab

Düsseldorf (dpa). Der Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen hat sich gestern weiter verschärft.

Nachdem die Metallarbeitgeber in der vierten Tarifrunde gestern in Düsseldorf ein Angebot mit zwei Entgelt-Erhöhungen um je 1,2 Prozent und Einmalzahlungen auf den Tisch gelegt hatten, wurden die Gespräche abgebrochen. Am Dienstag soll die fünfte Verhandlungsrunde stattfinden.
Das Angebot bedeute Reallohnverlust, sei realitätsfern und deshalb keine ernst zu nehmende Verhandlungsgrundlage, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall, Detlef Wetzel.
Für die 700 000 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen fordert die Gewerkschaft fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt. »Wer so mit den Beschäftigten umgeht, der steuert auf einen Großkonflikt zu«, sagte er. Für kommenden Dienstag kündigte die Gewerkschaft einen landesweiten Aktionstag an. Auch die Warnstreiks werden sich nach Einschätzung von Wetzel in der kommenden Woche verschärfen.
Metallarbeitgeber-Präsident Michael Jäger sprach unterdessen von einem »angemessenen« Angebot. Damit werde die Inflation ausgeglichen. Trotz des heftigen Protests der Gewerkschaften, bezeichnete Jäger die Verhandlungsatmosphäre weiterhin als sachlich. Er zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die Tarifpartner eine Einigung finden werden. Das werde aber nicht mehr vor Ostern sein. Eine Aufstockung des Angebotes schloss der Verhandlungsführer der Arbeitgeber aus.
Die angebotenen 1,2 Prozent entsprächen dem mittelfristigen kostenneutralen gesamtwirtschaftlichen Verteilungsspielraum. Zusätzlich zu den Lohnprozenten wurden monatliche Einmalzahlungen als Konjunkturkomponenten angeboten: und zwar von März 2006 bis Februar 2007 von 0,6 Prozent und von 0,4 Prozent bis Februar 2008.
Den Vorwurf, mit hohen Lohnforderungen Arbeitsplätze zu gefährden gab Wetzel an die Arbeitgeber zurück: Die Unternehmer seien die größten Arbeitsplatzvernichter, weil sie nicht genug für Innovation und Qualifizierung der Beschäftigten täten.
Die zweite Tarifrunde für die 130 000 Beschäftigten der Textil- und Bekleidungsindustrie ist gestern in Köln ohne Einigung zu Ende gegangen. Arbeitgeber und Gewerkschaft vereinbarten weitere Gespräche für den 26. April in Wuppertal.
Die IG Metall fordert Lohn- und Gehaltserhöhungen von 4,5 Prozent sowie erhöhte Ausbildungsvergütungen. Die Arbeitgeber bezeichneten die Forderungen als »abenteuerlich«.
»Die Arbeitgeber wollten die Öffnung der Tarifverträge für Urlaubs- und Weihnachtsgeld und eine Regelung auf betrieblicher Ebene«, sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Peter Donath. Das komme bei gleichzeitiger Ablehnung einer Lohn- und Gehaltserhöhung einer Lohnkürzung gleich. Von Seiten der Arbeitgeber hieß es, es gebe zwischen den Tarifpartnern eine »fundamental unterschiedliche« Beurteilung der Wirtschaftslage.
Solange dies so sei, mache es keinen Sinn, ein Angebot vorzulegen, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Wolfgang Brinkmann (Herford). Ziel sei es, möglichst viel Beschäftigung und Produktion in Deutschland zu behalten. Dazu seien Lohnzurückhaltung und betriebliche Anpassungsmöglichkeiten beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld notwendig, »wenn es eine kritische Betriebssituation gibt«.
Die Länder-Arbeitgeber lehnen den Abschluss für die Kommunen in Baden-Württemberg als Vorbild für eine Lösung ihres Tarifkonflikts ab. Die Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden sei für die Länder nicht ausreichend. Es müsste deutlicher an die 40 Stunden herangehen. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 07.04.2006