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Ein Kind muss sterben

Sophie von Kessel und Tim Bergmann im ARD-Drama

Von Caroline Bock
ARD, 20.15 Uhr: Ein Kind muss sterben, und man kann nur noch hilflos zusehen: Das ist die »allergrößte Angst, die alle Eltern haben«, sagt Sophie von Kessel, die selbst zwei kleine Kinder hat. Sie spielt in »Ein langer Abschied« eine Mutter, die lernt, dass die Medizin nicht alles machen sollte, was die Forschung möglich macht.

Der Film läuft in der ARD-Themenwoche »Krebs« und erzählt die Geschichte eines Ehepaares, dem im Kampf gegen die Krankheit der Tochter die Liebe abhanden gekommen ist.
Das ist »kein netter Fernsehabend«, wie von Kessel meint - und doch sehenswert, weil die Figuren, die zerrüttete Ehe und vor allem die Verzweiflung der Eltern glaubwürdig dargestellt sind. Auch über Forschung und Medizin kann der Zuschauer etwas erfahren, ohne dass es ein Lehrfilm ist.
Regisseur Johannes Fabrick setzt das Drama mit Sophie von Kessel und Tim Bergmann mit viel Realismus in Szene, bis hin zu einigen Liebesszenen, die nicht auf plakative Erotik zielen, sondern in ihrer Sprödigkeit die Geschichte noch schlüssiger machen. Dass kein Rosamunde-Pilcher-Ende kommt, ist schnell klar. Beim Toben im Garten zieht sich Rebecca (Maxi-Mari Duck) einen blauen Fleck zu - die Leukämie ist wieder da. Bei Blutkrebs haben sich die Chancen auf eine Heilung dramatisch verbessert, und doch gibt es noch zehn Prozent, die sterben müssen.
Rebecca spricht auf die Chemotherapie nicht so an, wie sich die Ärzte das wünschen. Ihre Chancen sind schlecht, so dass Mutter Ellen alles versuchen will, was möglich ist. Obwohl ihr Mann Ralph eine Geliebte hat, will sie ein zweites Kind bekommen, damit dessen Nabelschnurblut Stammzellen für die Therapie der Schwester liefert. Dafür reist das Paar in die USA und lässt eine heulende Tochter, die nicht allein sein will, auf der Krebsstation zurück. Ralph ist skeptisch: »Wenn Rebecca gesund wäre, würdest du dieses Kind nicht wollen.«
Darf man ein »Designerbaby« bekommen? Wer hat recht? Ellen oder Ralph? »Jeder hat aus seiner Warte irgendwie recht«, findet Sophie von Kessel, für die auch das Verhalten der verzweifelten Mutter, die nicht loslassen kann, sehr nachvollziehbar ist. Vor dem Drehen hat die Schauspielerin eine Berliner Kinderkrebsstation besucht, wovor sie Angst hatte. Die positive Atmosphäre hat sie überrascht, wie sie erzählt.
Ob der Film etwas bewirken kann, ist für sie schwer einzuschätzen. Sophie von Kessel fände es gut, wenn die Möglichkeit einer Nabelschnurspende noch viel bekannter werden würde, die für die Stammzellentherapie genutzt werden kann. »Viele wissen das einfach nicht.«

Artikel vom 05.04.2006