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»Zünden Sie bitte für Arminia eine Kerze an«

Mit Siegen über Frankfurt fast am Ziel der Träume

Von Dirk Schuster (Text)
und Stefan Hörttrich (Foto)
Bielefeld (WB). Arminias Fußballprofis sind auf die nächsten 180 Pflichtspielminuten eingestimmt. Während der Jahreshauptversammlung wurden die kommenden Spiele in Meisterschaft (Samstag) und Pokal (Dienstag) gegen Eintracht Frankfurt dauerthematisiert. Kein Redner, der der DSC-Mannschaft nicht die besten Glückwünsche mit auf den Weg gab.

Zur Versammlungs-Halbzeit war die Anwesenheitspflicht der Kicker aber bereits beendet. DSC-Präsident Hans-Hermann Schwick sagte vor den 302 Vereinsmitgliedern in der Bielefelder Stadthalle: »Im Pokal-Halbfinale haben wir gute Chancen, das Endspiel zu erreichen und unseren Traum, über den Pokal international zu spielen, zu verwirklichen. Zwei Siege innerhalb von vier Tagen würden bedeuten, nahezu den Klassenerhalt und den größten Erfolg in unserer 101-jährigen Vereinsgeschichte erreicht zu haben.« Das Auditorium bat er: »Drücken Sie die Daumen, gehen Sie in die Kirche und zünden Sie bitte eine Kerze an.«
Denn nicht nur, um das Image des DSC überregional weiter aufzupolieren, sondern auch der Klubkasse, in der sich nach Angaben von Finanzchef Roland Kentsch 2,5 Millionen Euro Eigenkapital befinden, täte der Finaleinzug gut. Die Fernsehübertragung spülte weitere 1,2 Millionen Euro hinein. Doch um wirklich wettbewerbsfähig zu bleiben, sei, so Schwick und Kentsch unisono, der Endausbau der SchücoArena zwingend erforderlich. Weil das Stadion über überproportional viele Stehplätze verfügt, beträgt der Durchschnittspreis für eine Eintrittskarte nur elf Euro (zum Vergleich: auf Schalke 29 Euro). »Das ist mit Abstand der niedrigste Wert in der 1. Liga«, sagte Kentsch und unterstrich so die Wichtigkeit der angestrebten Erweiterung der Sitzplatzkapazität.
Wieso es Arminia nicht gelinge, die finanzkräftigsten Firmen der Region für ein Sponsoring zu gewinnen, speziell den Bielefelder Lebensmittelgiganten Dr. Oetker, war eine der kritischen Fragen aus dem Publikum. Kentsch erklärte, dass sich die Oetker-Gruppe im Sport-Sponsoring überhaupt nicht engagiere. Zudem meinte der Finanzchef, der Konzern verfolge in seinen Augen eine »grundsätzlich falsche Marketingstrategie«. Zur Erinnerung: Nachdem die Oetker-Gruppe den Bier-Riesen Jever übernommen hatte, musste das Brauerei-Logo während der Saison vom Trikot der Mönchengladbacher Borussia verschwinden und wurde durch Kyocera ersetzt.
Der erfreulichen sportlichen und finanziellen Situation zum Trotz vermied es Finanzchef Kentsch, eine goldene Zukunft zu versprechen. Der Stadion-Endausbau sei eine finanzielle Belastung auf Jahre hinaus, garantiere aber eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Kentsch: »Im Abstiegsfall wären wir in der Lage, den sofortigen Wiederaufstieg in Angriff zu nehmen. Wir sind nunmal Wanderer zwischen den Welten. Daran wird sich nicht viel ändern. Aber gerade das macht ja auch den Reiz von Arminia aus.«

Artikel vom 05.04.2006