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Das Evangelium in
die Welt getragen

Altpräses Dr. Hans Thimme mit 96 Jahren gestorben

Bielefeld (WB/mm). Er war von ganzem Herzen Pastor. Klarheit und Geradlinigkeit kennzeichneten ihn. Geprägt wurde er von den Erfahrungen im Kirchenkampf gegen das Nazi-Regime. Am vorigen Samstag ist Dr. Hans Thimme, langjähriger Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, im Alter von 96 Jahren in Münster gestorben.

28 Jahre gehörte Hans Thimme der Kirchenleitung an, stand von 1969 bis 1977 an der Spitze der Landeskirche. Präses Alfred Buß würdigt den Verstorbenen als einen Mann, der sich im Kirchenkampf gegen staatliche Eingriffe in das kirchliche Leben gewandt habe. Aufgrund dieser Erfahrungen sei es sein Anliegen gewesen, »das Evangelium in Zuspruch und Anspruch ambitioniert in Kirche und Welt laut werden zu lassen.«
Am 6. Juni 1909 im niedersächsischen Fallersleben geboren, wuchs der Pfarrerssohn Hans Thimme in Westfalen auf und studierte in München, Berlin, Marburg, Münster und Princeton (USA) Theologie. Als Hilfsprediger und Präsidialvikar arbeitete er 1934 bei Präses Karl Koch, dem führenden Mann der Bekennenden Kirche Westfalens, in Bad Oeynhausen. Er war dabei, als sich die Bekennende Kirche im selben Jahr mit der »Barmer Theologischen Erklärung« erstmals in aller Deutlichkeit gegen die gottähnlichen Ansprüche der Nationalsozialisten wandte. Bei der kurz darauf folgenden zweiten Bekenntnissynode in Berlin-Dahlem wurde der junge Pastor ordiniert.
Ab 1935 war Thimme als Gemeindepfarrer in Spenge tätig. Von 1940 bis 1945 leistete er Militärdienst und übernahm nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Leitung des Predigerseminars der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld. Als hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung übernahm er 1957 das Ausbildungsdezernat. 1960 wählte ihn die Landessynode zum Theologischen Vizepräsidenten und Stellvertreter von Präses Ernst Wilm. 1969 trat er dessen Nachfolge an und stand bis 1977 an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Ein besonderes Augenmerk widmete Hans Thimme der Ökumene. Er nahm an den Weltkirchenkonferenzen in Evanston (1954), New Delhi (1961) und Uppsala (1968) teil. Der Theologe war Vorsitzender der Abteilung für Zwischenkirchliche Hilfe, Flüchtlings- und Weltdienst beim Weltrat der Kirchen in Genf. Von 1973 bis 1979 gehörte er dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an und leitete unter anderen die vom Rat der EKD berufene Kammer für kirchlichen Entwicklungsdienst. In Würdigung seiner Verdienste verlieh ihm der Bundespräsident 1977 das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland.

Artikel vom 04.04.2006