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Fouler Fiesball:
Taten, Karten
und böse Tritte

HSV hängt Schalke noch weiter ab

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Fußball kann so schön sein - aber auch so hässlich. Was da zwischen der 28. und 45. Minute in der Schalker Arena gegen den Hamburger SV ablief, das war nur noch fouler Fiesball. Tätlichkeiten, Karten, Tritte, Provokationen: Die gesamte Palette der Gemeinheiten kam zur unrühmlichen Aufführung.

Sicher, der Unterhaltungswert war in dieser Phase enorm hoch. Der Stadion-Kessel kochte. Den Trainern haben diese heißen »Duelle« aber gar nicht gefallen. Der Hamburger Thomas Doll: »Das war kein Fußball mehr. Emotionen sind normal, Provokationen gehören nicht auf den Platz. Ich konnte manchmal nicht hinschauen.« Und sein Schalker Kollege Mirko Slomka: »Wir erlebten hektische und sehr harte bis unfaire Minuten, in denen auch der Schiedsrichter bedauerlicherweise etwas den Überblick verloren hat.«
Helmut Fleischer zeigte in der 28. Minute aber völlig zu Recht die Rote Karte. Rafinha hatte Rafael van der Vaart ins Gesicht geschlagen. Über die Wucht dieser Backpfeife kann man streiten, eine Tätlichkeit war es in jedem Fall. Der Niederländer muss diese Attacke als schweren Treffer empfunden haben: Er stürzte theatralisch zu Boden. Eine ziemlich miese Schauspielerei, die Slomka so kommentierte: »Der fiel ja um, als wenn er von einem Baum erschlagen worden wäre.« Baumstark war dann die Aufklärung van der Vaarts leider nicht: »Wir sind doch Profis, da passiert so etwas schon mal.«
Eine faule Ausrede nach einem Foul, das er mit seiner »Einlage« noch verschärft hatte. Das passte aber genau in das Bild dieser bösen 17 Minuten. Nur wenig später rammte Thimothee Atouba dem Schalker Fabian Ernst den Ellenbogen ans Kinn - und sah dafür aber nur Dunkel-Gelb. Der Königsblaue war über diese Fehl-Entscheidung so entsetzt, dass er sich vor Wut das Trikot über den Kopf zog. Die Quittung: Er wurde ebenfalls verwarnt und konnte es auch eine Stunde nach dem Abpfiff immer noch nicht fassen: »Dieser Schiedsrichter hatte von Anfang an keine klare Linie.«
So scharfe Kritik wollten die Trainer nicht üben, Doll und Slomka vertraten jedoch die gleiche Meinung: Man hätte dieses Spiel auch mit 11 gegen 11 weiter laufen lassen können. Entweder zwei Mal Rot - oder gar kein Rot. Wobei der Hamburger sofort nachschob: »Der Platzverweis war nicht entscheidend, wir waren schon vorher die bessere Elf.«
Ach ja, stimmt: Fußball wurde an diesem Abend in der Arena auch noch gespielt. Der HSV siegte mit 2:0. Rafael van der Vaarts Freistoß wurde von Mladen Krstajic unglücklich abgefälscht. Und ausgerechnet Ailton setzte dann an seiner alten Arbeitsstätte mit einem Weltklasse-Tor den Schlusspunkt. »Ich wollte hier unbedingt einen Treffer machen. Das es dann ein so schönes Ding wurde - um so besser«, strahlte der Brasilianer, der erst nach 46 Minuten als Joker in die Partie gekommen war.
Der HSV festigte mit dem »Dreier« den zweiten Platz. Und Doll durfte sich erneut über einen erstklassigen Auswärtsauftritt freuen: »Ich bin stolz auf meine Spieler. Wir haben in München gewonnen - und jetzt in Schalke. Das hat in dieser Saison noch keine andere Elf geschafft.«
»Geschafft« waren dagegen die Schalker. Bei nun sieben Punkten Rückstand auf den Hamburger SV kann Rang zwei abgeschrieben werden. Vier Zähler liegen sie hinter Werder Bremen, dem Tabellendritten. Hier steigt am 23. April das direkte Duell im Weserstadion. Und Trainer Slomka kündigte schon an: »Wir werden jetzt von hinten richtig Druck machen.« Damit es wieder nach vorne geht.

Artikel vom 04.04.2006