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Tohuwabohu in Afrika: Kleinkind als Druckmittel

Amtsgericht verurteilt Vater nur zu einer Geldstrafe

Bielefeld (uko). Ein afrikanisches Tohuwabohu um die Entführung eines Kindes endete am Dienstag vor dem Amtsgericht: Der gebürtige Westafrikaner Ahmadou C. (39) kam dabei mit einer Geldstrafe von 3 750 Euro mehr als glimpflich davon. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Mann, der versucht hatte, die Behörden auszutricksen, sogar acht Monate Bewährungsstrafe gefordert.

Zum Spielball seiner Machtinteressen hatte der aus der Elfenbeinküste stammende und mittlerweile eingebürgerte Mann (er war kurzzeitig mit einer Deutschen verheiratet) seinen nun zweieinhalbjährigen Sohn Sammy (Name des Kindes und der Mutter geändert) auserkoren. Als die aus Mali stammende Samantha V. sich im September 2005 in ihrem Heimatland um ihre Mutter kümmern wollte, gab sie den Jungen wie versprochen bei der Familie von Ahmadou C. in Abidjan in der Elfenbeinküste ab.
Als die Frau Sammy am 23. November 2005 dort wieder abholen wollte, stellten die Verwandten sie vor vollendete Tatsachen: Ihren Sohn werde sie nicht zurückbekommen. Auch ihren Paß und die Personalpapiere des Jungen, die sie vor der Abreise nach Mali in der Elfenbeinküste zurückgelassen hatte, erhalte sie nicht.
Unverrichteter Dinge kehrte Samantha V. nach Deutschland zurück und erstattete Strafanzeige gegen den Vater des Jungen, den sie zu Recht als Drahtzieher der Kindesentziehung vermutete. Vor der Polizei verstrickte sich der Bielefelder in massive Widersprüche. Er wisse nichts vom Verbleib des Kleinen. Im übrigen würde er das Kind nie mit nach Afrika nehmen, denn: »Bei uns da unten ist Krieg, ich würde das nie verantworten, meinen Sohn dort unten zu lassen.
Als sich schließlich sogar die deutsche Botschaft in Abidjan in den Fall einschaltete, griffen die Behörden in Afrika und hier in Deutschland durch. Ahmadou C. wurde in Bielefeld inhaftiert, sein Bruder saß in Abidjan in Haft.
Der Gipfel der bodenlosen Frechheit war schließlich ein Angebot, das der ermittelnden Staatsanwältin in Bielefeld unterbreitet wurde: Das Kind werde herausgegeben, sofern Ahmadou C. in Bielefeld wieder in Freiheit entlassen werde. Auf diese Nötigung jedoch ließ sich die Anklagebehörde nicht ein. Sammy durfte Anfang Januar endlich zu seiner Mutter zurückkehren.
Vor dem Amtsgericht tischte Ahmadou C. gestern ein neuerliches Märchen auf: Er habe den Jungen nur in seine Obhut genommen, weil die Mutter HIV-positiv sei, also mit dem Aids-Virus infiziert sei. Obwohl die Mutter als Zeugin diese Krankheit massiv bestritt, nahm das Gericht unter Vorsitz von Amtsrichter Klaus Schmitz dem Angeklagten das Motiv ab. Von einer gebührenden Sanktion - die Staatsanwältin hatte acht Monate Bewährungsstrafe gefordert - sah das Gericht ab. Eine Geldstrafe in Höhe von 3 750 Euro (150 Tagessätze zu jeweils 25 Euro) sei angemessen.

Artikel vom 05.04.2006