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»Der Iran ist ein weiteres Beispiel dafür, wie ineffektiv der UN-Sicherheitsrat als Weltpolizist ist.«

Leitartikel
UN-Weltsicherheitsrat

Zahnlos bis
zum
heutigen Tag


Von Dirk Schröder
30 Tage Zeit haben die Vereinten Nationen dem Iran Zeit gegeben, um seine Urananreicherung zu stoppen. Ob in Washington, Moskau oder Berlin - nun loben alle wieder den UN-Sicherheitsrat, der doch mit dem Ultimatum ein »klares Signal« gesetzt habe.
Doch warum lässt Teheran sich von diesem Druck und dieser ach so großen Einschüchterung nicht beeindrucken? Die Antwort ist einfach: Der Weltsicherheitsrat hat wieder einen Monat Zeit gewonnen. Danach stehen sie wieder da, wo sie heute sind, und Iran wird weiter an seinem Atomprogramm arbeiten. Denn Russland und China lehnen Sanktionen ab. Aber auch die USA fürchten ein Ölembargo, es würde die Rohstoffpreise in die Höhe treiben. Der Iran ist ein weiteres Beispiel dafür, wie ineffektiv dieses Gremium doch als Weltpolizist ist, nationale Interessen häufig das Handeln bestimmen.
Weltsicherheitsrat - allein dieser Name ist bereits ein Hohn. Man könnte doch tatsächlich dem Irrglauben verfallen, dort sei man bemüht, für Sicherheit auf dieser Welt zu sorgen und darauf zu achten, dass rund um den Globus die Menschenrechte eingehalten werden. Weit gefehlt. Immer wenn die Vereinten Nationen als Hüter dieser Menschenrechte gefragt waren, haben sie sich als zahnloser Tiger erwiesen, bis zum heutigen Tag.
Exemplarisch dafür steht das Versagen in der sudanesischen Krisenprovinz Dafur. Bis heute hat es die UNO nicht geschafft, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Gräueltaten dort zu unterbinden. Nun hat man sich doch tatsächlich aufgerafft, in einem halben Jahr eine eigene Friedenstruppe für Darfur aufzustellen. Bis dahin geht das Morden, Vertreiben und Vergewaltigen weiter. Und das ja nicht erst seit gestern, sondern nun schon seit Jahren. Bisher sind mehr als 200 000 Menschen ums Leben gekommen, zwei Millionen schwarzafrikanische Dorfbewohner wurden vertrieben.
Oder wussten Sie, dass sich im Norden Ugandas seit 20 Jahren(!) eine Tragödie schlimmsten Ausmaßes abspielt, dem Konflikt zwischen Regierung und Rebellen dreimal mehr Menschen zum Opfer gefallen sind als im Irak? Mit »Empfehlungen« hat der Sicherheitsrat bisher versucht, die dort herrschende Gewalt und menschliche Katastrophe zu beenden. 20 Jahre lang haben die Vereinten Nationen eine angemessene Reaktion vermissen lassen. Von großer Glaubwürdigkeit zeugt dies nicht.
Die Liste gewaltsamer Konflikte und »vergessener« humanitärer Krisen ließe sich beliebig fortsetzen. Kongo, Tschetschenien, Haiti, Indien, Somalia, Kolumbien oder Elfenbeinküste sind da nur einige Ländernamen, die für großes Leid vieler Menschen stehen.
In der Präambel der Vereinten Nationen heißt es unter anderem, »wir, die Völker der Vereinten Nationen sind fest entschlossen, unsere Kräfte zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren«. Es wird Zeit, sich endlich an diese Verpflichtung zu erinnern.

Artikel vom 04.04.2006