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Täter und Opfer sind nun die
besten Nachbarn

Nach Faustschlag Geldstrafe akzeptiert


Bielefeld (uko). Weil er »Homosexuelle nicht leiden« konnte, hat der Englänger Joseph P. (alle Namen geändert) einen Bielefelder mit einem Faustschlag niedergestreckt. Am Montag akzeptierte der Angeklagte kleinlaut eine Geldstrafe. Begründung: Er habe sich mit dem Opfer ausgesöhnt, sie seien Freunde geworden.
Täter und Opfer wohnen als Nachbarn in einem Haus an der Spindelstraße. Zu der Auseinandersetzung war es am 7. Oktober 2005 gekommen. Joseph P. wuchtete dem mißliebigen Nachbarn unversehens die Faust ins Gesicht, nachdem er sich über dessen homosexuelle Neigungen lautstark und in aller Öffentlichkeit beschwert hatte. Zeugin des Vorfalls wurde eine weitere Mieterin in dem Haus.
Die Staatsanwaltschaft hatte daraufhin einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro beantragt, die das Amtsgericht dann auch zugestellt hatte. Joseph P. hingegen empfand die Bestrafung als unsinnig, denn mittlerweile seien sich die Kontrahenten doch näher gekommen. Man vertrage sich nun bestens, pflege eine gute Nachbarschaft.
Amtsrichter Wolfgang Heimann nahm dem Mann gestern alle Hoffnungen auf einen Straferlaß: »Das Gericht ist nicht an die Höhe der Geldstrafe gebunden.« Folglich könne der Einspruch auch als Schuß nach hinten losgehen, denn: »Bei einer vorsätzlichen Körperverletzung fängt mein Strafmaß normalerweise erst bei sechs Monaten Freiheitsstrafe an«, sagte der Amtsrichter unmißverständlich.
Joseph P. empfand das Abwägen seiner Chancen danach als »Pokerspiel« und beriet sich kurioserweise vor dem Gerichtssaal mit dem früheren Opfer und der Nachbarin. Beide rieten dem Angeklagten, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen. Die Geldstrafe ist damit rechtskräftig.

Artikel vom 04.04.2006