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Ein richtiges Zuhause auf Zeit

Familien schwerkranker Kinder wohnen im Bad Oeynhausener Ronald McDonald-Haus

Von Larissa Kölling
Bad Oeynhausen (WB). Kleine Kinder brauchen viel Zuwendung, Aufmerksamkeit und vor allem Liebe. Sind sie krank, benötigen sie von alledem eine doppelte Portion. Die Anwesenheit der Eltern hilft den kleinen Patienten, schneller wieder gesund zu werden - das ist wissenschaftlich belegt. In Bad Oeynhausen können die Familien während der Behandlung ihres Kindes im Herz- und Diabeteszentrum NRW im nahe gelegenen Ronald McDonald-Haus wohnen. Oft über Monate, so lange wie nötig, denn Nähe hilft heilen.

Etwa jedes 100. Kind ist von einer Fehlbildung des Herzens und/oder der herznahen Gefäße betroffen. Früher waren die Überlebenschancen, gerade auch die der komplexen Fehlbildungen, gering. Etwa 85 Prozent der herzkranken Kinder verstarben noch vor zwei Jahrzehnten vor Erreichen des 18. Lebensjahres. Heute erreichen dank verbesserter Diagnostik, der Weiterentwicklung operativer Möglichkeiten und verbesserter postoperativer Versorgung etwa 85 Prozent der Kinder das Erwachsenenalter. Sie alle brauchen eine optimale medizinische Behandlung, die auch die psycho-soziale Versorgung beinhaltet. Im Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen werden Kinder mit den unterschiedlichsten angeborenen Herzfehlern behandelt.
Kleinste Menschen werden dort aufwändig operiert und hoffentlich geheilt. Doch nicht nur ein Teddybär, sondern vor allem Mama und Papa können in dieser Ausnahmesituation Trost spenden.
Ein »Zuhause auf Zeit« ist das nur wenige Gehminuten entfernte Elternhaus der McDonald's-Kinderhilfe für die Familien der Patienten. Nicht nur ein Bett sondern vor allem Hilfe, Rat und Austausch mit anderen Betroffenen bietet diese Institution. »Weinen und Lachen liegen hier sehr eng beieinander, es herrscht ein ausgeprägter Gemeinschaftssinn«, sagt Elternhaus-Leiterin Stefanie Kruse.
Bunt und architektonisch eher ungewöhnlich stehen die hilfreichen »Vier-Wände« im Kurpark. Das Gebäude präsentiert sich in Y-Form. Y wie »Yes«, Ja zum Leben, das hat sich der amerikanische Star-Architekt Frank O. Gehry bei seinem - gespendeten - Entwurf im Pueblo-Stil gedacht. In zwölf Wohneinheiten können dort Familien, jährlich sind es zwischen 200 und 300, oft bis zu einem halben Jahr ein vorübergehendes Zuhause finden. Es wird gegessen, geschlafen, mit Geschwisterkindern gespielt oder etwas ausgeruht. Das Haus bietet vielen ein Stück Normalität als Gegenpol zur emotionalen Ausnahmesituation in der Klinik. »Wir geben den Familien ein Stück Alltag zurück«, erklärt Kruse, »die Familien versorgen sich selbst und halten ihre Appartements in Ordnung, doch wir helfen wo wir können.«
Neben der Leiterin ist es vor allem die eifrige Schar der 25 ehrenamtlichen Mitarbeiter, die die Eltern unterstützt. Da wird Kuchen gebacken, geputzt, einmal pro Woche ein leckeres Essen gekocht, im Garten gearbeitet und ein Verwöhnfrühstück arrangiert. Stefanie Kruse liegen besonders die Geschwisterkinder am Herzen: »Sie brauchen in dieser Situation besondere Aufmerksamkeit.«
Die Entscheidung über die Belegung im Haus trifft die Klinik je nach Dringlichkeit der Erkrankungen. Doch leider diktiert der Faktor »zwischen Leben und Tod« diese Liste, und die Mediziner können ihren kleinen Patienten nicht immer helfen. Einmal im Jahr wird mit einem Lichterfest an die verstorbenen Kinder erinnert. »Zahlreiche Eltern kommen noch über zwei oder drei Jahre zu uns. Trauerarbeit gehört hier zum Alltag. Für viele ist das Zurückkommen eine Art der Trauerbewältigung.«
Wie eine große Familie sind die Bewohner des Ronald McDonald-Hauses miteinander verbunden. Sie treffen sich einmal im Jahr zu einem großen Sommerfest, bei dem sich die Leiterin besonders auf die inzwischen gesunden Kinder freut.
Träger des Hauses ist die McDonald's-Kinderhilfe, die in Deutschland 15 dieser Einrichtungen betreibt. Für eine Übernachtung zahlen die Familien 15 Euro, die in den meisten Fällen von den Krankenkassen erstattet werden. Doch diese decken nicht die Betriebskosten, die sich in Bad Oeynhausen auf jährlich 150 000 Euro belaufen. »Wir sind daher auf Geld-, Sach- oder Zeitspenden angewiesen und freuen uns über jeden Euro und jeden Helfer«, sagt Stefanie Kruse.
Ronald McDonald-Haus, Stichwort: Nähe hilft heilen,
Kontonummer 880 300
BLZ 494 900 70, Volksbank Bad Oeynhausen, Herford eG
Weitere Informationen erhalten Interessierte auch direkt beim
Ronald McDonald Haus Bad Oeynhausen,
Stefanie Kruse (Leitung),
Westkorso 19, 32545 Bad Oeynhausen, Telefon: 05731/84 22 70.
www.mcdonalds-kinderhilfe.org

Artikel vom 07.04.2006