05.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Diäten sollen wie Löhne steigen

Vorschlag des Bundestagspräsidenten - keine Neuregelung der Pensionen

Berlin (dpa). Die Bezüge der Bundestags-Abgeordneten sollen künftig nach Vorschlag von Parlamentspräsident Norbert Lammert jährlich wie die Löhne in der Wirtschaft steigen.

Für dieses Jahr würde dies von Mai an ein Plus von 1,3 Prozent bedeuten - also ein Anstieg der Diäten um 91 Euro auf insgesamt 7100 Euro monatlich, erläuterte der CDU-Politiker gestern in Berlin. Eine Neuregelung der als zu üppig kritisierten Abgeordneten-Pensionen könne nach seinem Rechtsverständnis hingegen frühestens zu Beginn der nächsten Wahlperiode 2009 in Kraft treten.
Der Vorschlag, den der Parlamentspräsident jeweils zu Beginn einer Legislaturperiode vorlegen muss, soll jetzt mit den Fraktionen besprochen werden. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder nannte ihn »gut«. Zugleich betonte er erneut, dass sich das bisherige Diätensystem grundsätzlich bewährt habe.
Sein SPD-Amtskollege Peter Struck zeigte sich gesprächsbereit, möchte aber die Klärung der Diätenfrage gleich mit einer Neuregelung der Pensionen verbinden. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, erklärte: »Wir können es uns nicht vorstellen, die Diäten zu erhöhen, ohne dass zugleich über die Altersversorgung gesprochen wird.« Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass eine Einigung möglich sei.
Die FDP forderte einen grundsätzlichen Systemwechsel zu mehr Eigenverantwortung bei der Altersversorgung. Der Vorstoß gehe »in die falsche Richtung«, er räume den »ständigen Vorwurf der Selbstbedienung« nicht aus, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen. Die Grünen äußerten sich zurückhaltend. Die Fraktion wolle erst einmal darüber beraten, sagte Fraktionschefin Renate Künast. Die Linkspartei lehnte Lammerts Vorschlag ab. »In Zeiten sinkender Brutto-Einkommen, Nullrunden für Rentner und allgemeiner Kürzungen ist der Vorschlag nicht angemessen«, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann.
Grundlage für künftige Diätenerhöhungen sollen nach Lammerts Vorstellungen die jährlichen Erhebungen des Statistische Bundesamtes über die durchschnittliche Erhöhung der Erwerbseinkommen sein. Nach dem Abgeordnetengesetz orientieren sich die Bezüge bisher an der Besoldung von hauptamtlichen Bürgermeistern mittlerer Städte oder von Bundesrichtern. Lammert verwies darauf, dass es im Bundestag seit 2003 keine Diätenerhöhung mehr gegeben habe. Dadurch lägen die Bezüge der Parlamentarierer mehr als zwölf Prozent unter diesen Normwerten. Dieser Abstand sollte in dieser Wahlperiode nicht mehr ausgeglichen aber auch nicht größer werden, sagte der Parlamentspräsident.
»Wenn sich der Bundestag auch zu einer Neuregelung der Altersversorgung entscheidet, kann dies nach meinem Rechtsverständnis nur zu Beginn einer Legislaturperiode in Kraft treten«, sagte Lammert weiter. Dies wäre frühestens 2009. Ein neuer Abgeordneter müsse schließlich wissen, worauf er sich einlasse. Die Beschlüsse dazu müssten allerdings in dieser Wahlperiode beraten und gefasst werden.
Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte in der »Frankfurter Rundschau«, »noch in dieser Legislaturperiode« auch die Reform der Altersversorgung durchzusetzen. Lammert habe dieses Thema bislang aus Rücksicht auf die ablehnende Haltung der Unions-Fraktion ausgeklammert. Thierse sagte, es gebe einen politischen Zusammenhang zwischen Diäten und Altersversorgung. Auch die öffentliche Erwartung sei, dass diese als zu hoch kritisierte Altersversorgung nicht unverändert bleiben könne. Zu ihrer Grunddiät erhalten Abgeordnete monatlich eine steuerfreie Kostenpauschale von 3647 Euro für Miete und Bürokosten.
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 05.04.2006