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Dem Leben freundlich zugewandt

Ausstellung im ZiF erinnert an Gerd Hölscher

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Nicht zudringlich, nicht penetrant, sondern freundlich zugewandt. So wie Gerd Hölscher (1936 - 2004) dem Leben im Allgemeinen und seinen Mitmenschen im Besonderen begegnete, so offenbarte er sich auch in seinem künstlerischen Schaffen. Eine Ausstellung im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) erinnert unter dem Titel »Zugewandt« an den Künstler, der am 3. Mai diesen Jahres 70 Jahre alt geworden wäre.

Schüler und Kollegen des Kunstpädagogen, der von 1974 bis 1998 am Oberstufenkolleg (OS) unterrichtete, hatten sich für die Ausstellung im Angedenken an Hölscher stark gemacht. Allen voran die Kunsthistorikerin und langjährige OS-Kollegin Dr. Irene Below, die vorausschauend bereits vor eineinhalb Jahren einen Termin mit dem ZiF abgestimmt hatte. Ehemalige Schüler und Schülerinnen von Gerd Hölscher präsentieren bei der Finissage, die exakt am 70. Geburtstag des an Krebs gestorbenen Künstlers stattfindet, eigene Arbeiten.
Hölschers ĂŽuvre kann in vier große Werkgruppen eingeordnet werden. In den 60er Jahren entstanden zunächst grafische Arbeiten, die akribisch mit Tusche gezeichnet wurden oder als Siebdruck entstanden. Sie zeigen allesamt Motive aus der technischen Welt. Raumhohen, prägnanten Arbeiten liegen einzelne Module zugrunde, die sich beliebig zu unterschiedlichen Werken zusammensetzen lassen.
In den 70er und 80er Jahren stellte Hölscher sein kreatives Schaffen in den Dienst der Sache. Plakate mit politischem Hintergrund sowie Werbeplakate für Aufführungen des Mobilen Theaters entstanden.
So genannte Kritzelzeichnungen zeigen Porträts- und Landschaftsbilder. Hölscher fertigte ganze Serien von Ölkreidebildern, die die toskanische Landschaft zeigen, die er ab den 80er Jahren häufiger bereiste. »Der Stift zittert in kreisförmigen Bewegungen über das Blatt und erzeugt ein Gewebe, in das sich etwas vergegenständlicht«, charakterisiert Stefan Hölscher, der Neffe des Künstlers, die Zeichnungen. Stets aber habe Gerd Hölscher die Zeichnung als Medium der Zuwendung verstanden und des Geltenlassens. Wie er in seinem Selbstverständnis als Pädagoge das Zuhören-Können als wichtig empfand, so sei Zuhören auch die künstlerische Grundhaltung gewesen. Zugewandtheit sowie serielles Arbeiten mit Rastern und einfachen Bauelementen bezeichnet Stefan Hölscher, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kunstakademie Münster tätig ist, als die elementaren Charakteristika des Gesamtwerks.
Beides trifft auf Gerd Hölschers letzte große Arbeit zu: »300 Tage im Jahr 2001« erzählt vom Alltagsleben des Künstlers, der 300 Tage akribisch und in kalligrafischer Schrift sein Leben protokollierte. Je drei Tage füllen ein Blatt. Mit etwas Abstand ergibt sich eine gleichmäßige graue Fläche aus engmaschig verwobenen Zeichen. Aus der Nähe betrachtet, lassen sich die Aufzeichnungen aber lesen. Die Ausstellung endet am 3. Mai mit einer Aktion ehemaliger Schüler. Sie kann bis dahin montags bis dienstags von 8 bis 16 Uhr und mittwochs bis freitags von 8 bis 15.30 Uhr besichtigt werden.

Artikel vom 04.04.2006